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Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Der DHV-Mitarbeiter Ben Liebermeister hatte festgestellt, dass der von ihm gekaufte RA M ein abweichendes Flugverhalten zu dem von ihm früher geflogenen Testmuster aufwies.
Ein weiterer Pilotenbericht bestätigte diesen Eindruck. Die DHV-Technik wurde eingeschaltet. Bei Testflügen zusammen mit NOVA wurde festgestellt, dass beim voll beschleunigten Flug und gleichzeitigem Bremseneinsatz Frontklapper auftreten, die nach geringen Höhenverlust wieder selbstständig öffnen. Daraufhin wurde eine entsprechende Warnung am 27.04.2007 vom DHV veröffentlicht mit der Anmerkung: „Die Untersuchung des DHV-Technikreferates hierzu sind noch nicht abgeschlossen“. Auch NOVA berichtete auf ihrer Website.
Wie sich dann im Zuge weiterer Untersuchungen herausstellte, zeigte sich dieses Verhalten verschärft bei Geräten, die schneller getrimmt waren als das Mustergerät. Die Fa. NOVA versicherte, dass nur wenige Geräte mit dieser Trimmung versehentlich ausgeliefert worden waren, dass ihnen die Halter bekannt seien und dass sie unverzüglich (02. Mai 2007) eine Rückrufaktion durchführen. Der DHV beachtete seine Verpflichtung als Beauftragter für den Flugbetrieb zur Einhaltung des verwaltungstechnischen Grundsatzes „geringstmöglicher Eingriff“ und ließ sich einen Nachweis der Rückrufaktion vorlegen.
Sobald der DHV erkannte, dass nicht alle Halter von NOVA informiert worden waren, hat er diese LTA herausgegeben.
Von dem angesprochenen tödlichen Unfall gibt es zwei Augenzeugenberichte.
Zitat aus dem Unfallbericht:
Ablauf des Unfalls
Volker war bereits ca. 30 Minuten in der Luft, hatte dabei gut 400 m Höhe gemacht und war anschließend wieder bis auf etwa 100 m über den Startplatz gesunken. Ein Augenzeuge, der sich unweit von Volker mit seinem Gleitschirm in der Luft befand, berichtete, dass sich Volkers Gleitschirm kurz darauf in einem sackflugähnlichen Zustand befand und schnell senkrecht sank, dabei leicht gierend und rollend. Einen den Sackflug/Strömungsabriss initiierenden Flugzustand hat er nicht beobachtet. Er nahm den Schirm erst wahr, als dieser sich bereits in dem sackflugähnlichen Zustand befand. Sowohl Volker als auch der Augenzeuge befanden sich zu diesem Zeitpunkt in einem Abwindbereich mit erhöhtem Sinken und leichten Turbulenzen. Der Gleitschirmflieger beobachtete weiter, dass der Sackflug/Strömungsabriss bis kurz über Grund andauerte. Anschließend, nun schon etwas unterhalb des Startplatzes und sehr nahe am Hang, schoss der Schirm massiv vor und Volker wurde in das felsige Gelände geschleudert.
Der DHV hat aus den Vorkommnissen folgende Schlüsse gezogen:
-Wir werden uns auf interne Hersteller-Rückrufaktionen nicht mehr verlassen.
-Wir werden in Zukunft verstärkt Mustertreue-Prüfungen durchführen.
-Die Gütesiegelanforderungen wurden ergänzt. Geräte, die nach den Gütesiegel-Anforderungen 2008 geprüft werden, werden eine solche Problematik nicht mehr aufweisen, da nach diesen neuen Anforderungen beschleunigtes und angebremstes Fliegen mit oben geschilderter Reaktion zum Nichterteilen des Gütesiegels führen würde.
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Noch was zur Gütesiegelvergabe-Praxis des DHV:
Der DHV veröffentlicht Testberichte von Gleitschirmen mit detailierten Angaben zum Flugverhalten des jeweils getesteten Modells bei einer Gewichtsunter- und Obergrenze.
Diese Hinweise dienen unter anderem dazu, den interessierten Piloten eine Übersicht bzgl. des zu erwartenden Flugverhaltens des Flügels (innerhalb seines vom DHV zugelassenen Betriebsbereiches bis an dessen Grenzen, d.h. min. und max. Flächenbelastung) zu liefern.
Das ist eine für uns Piloten wichtige Information und beeinflußt sicherlich so manche Kaufentscheidung.
Der DHV kann die kleinsten Gleitschirme nicht an ihrer Betriebsuntergrenze testen, das ist kein böser Wille, der DHV hat nur keine so leichten Testpiloten (auch die Ines ist da zu gut gebaut ).
Wird nun ein Flugverhalten an der Grenze des zugelassenen Betriebsbereiches detailiert beschrieben und veröffentlicht, ohne dass das Fluggerät bei diesen Belastungen geflogen wurde, grenzt das an Irreführung der Verbraucher/Piloten.
In der Praxis hat sich wohl bewährt, die Schirme eben mit der dem DHV geringst möglichen Flächenbelastung zu testen und dann aufgrund der Erfahrung der Testpiloten ein Flugverhalten an der Betriebsuntergrenze empirisch festzulegen.
Das muss aber verdammt nochmal kommuniziert werden.
Korrekt wäre, in den Testberichten das Flugverhalten bei den tatsächlich geflogenen Flächenbelastungen detailiert zu beschreiben und lediglich eine Vermutung über das Flugverhalten bei den nicht erflogenen Betriebsuntergrenzen anzugeben.
Die vom DHV verwendete Formel/Methode/Theorie zur theoretischen Ermittlung des hochgradig nichlinearen Flugverhaltens von Gleitschirmen bei Kappenstörungen würde mich als promivierten Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik schon brennend interessieren .
Neben den Aspekten der Sicherheit der Piloten, die zweifelsohne die gewichtigeren sein sollten, gesellen sich auch noch wirtschaftliche Faktoren. Der schon öfter zitierte INCANTO XS (alle anderen Größen DHV 1-2) wurde z.B. weit weg von seinen Betriebsgrenzen (55-78kg) getestet (mit 72kg von Beni Stocker und mit 85kg von Harry Buntz), um dann aber an der Untergrenze (55kg) mit DHV 2 eingestuft zu werden (empirisch). Ohne Worte
Gruß
Uli
Zuletzt geändert von Uli Straßer; 18.10.2007, 10:48.
Grund: Gewichtsangaben korrigiert, da Testprotokolle jetzt vorliegen
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Hallo Uli,
hier hilft ein Blick in das von Flypara angeführte Dokument.
Hier der Auszug daraus:
3.3.11 Zwei verschiedene Testpiloten der Prüfstelle führen je ein
komplettes Prüfprogramm durch, eines mit dem vom Hersteller
vorgesehenen minimalen Fluggewicht, das andere
mit dem vom Hersteller vorgesehenen maximalen Fluggewicht.
Das maximale Fluggewicht darf das maximale
Fluggewicht, bis zu welchem der Nachweis der Festigkeit
nach 3.2 erbracht wurde, nicht überschreiten. In dem
Ausnahmefall, dass das vom Hersteller vorgesehene
minimale Fluggewicht unter 65kg liegt, und die Prüfstelle
nicht über einen ausreichend leichten Testpiloten verfügt,
wird das Prüfprogramm bei minimalem Fluggewicht durch
ein Prüfprogramm mit dem geringst möglichen Fluggewicht
ersetzt, das die Prüfstelle realisieren kann. Der Hersteller
muss in diesem Fall zusätzlich ein Prüfprogramm
mit dem vorgesehenen minimalen Fluggewicht vorführen.
Dieses Programm muss einem Testpiloten der Prüfstelle
vorgeflogen und auf Video aufgezeichnet werden.
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Sagt mal, kommt es nur mir so vor oder warum geht es hier irgendwie nur um die Frage DHV contra NOVA?
Was ist mit den anderen Herstellern? Die scheinen irgendwie kein Problem damit zu haben oder wie?
Irgendwie denke ich gerade an so einen Bericht aus einer Zeitschrift. Damals gab es die gleiche Diskussion, als das GÜSI 2003 eingeführt wurde. Ein Vertreter von NOVA (was für ein Zufall?) meinte damals irgendwas von wegen "die Leute wollen mehr Leistung und nicht mehr Sicherheit". (Das habe ich jetzt nur aus der Erinnerung wiedergegeben. Den genauen Wortlaut müßte ich, sollte es wichtig werden, raussuchen.
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Zitat von MAXL
Ist das so zu verstehen, dass Du in der Rolle des DHVs einen Schirm aufgrund von Spekulationen grounden würdest? Neben den betroffenen Piloten würde sich Nova da sicher bedanken...
Ciao / Maxl
Die Frage ist doch juristisch, ob es eine Verletzung der Sorgfaltspflicht darstellt, wenn man so einen Schirm nicht groundet bis der Unfall komplett aufgeklärt und alle Konsequenzen gezogen worden sind. Sieh es doch mal so rum.
Du kehrst doch auch auf dem Bürgersteig vor deinem Haus rein präventiv im Winter den Schnee weg auf das niemand hinfällt.
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Flüge mit einem eingelagerten Muster außerhalb der Musterprüfverfahren werden von den Testpiloten des DHV durchgeführt, wenn beispielsweise das Flugverhalten eines Unfallgerätes mit dem des geprüften Musters verglichen werden muss.
In der Vergangenheit haben andere DHV-Mitarbeiter in Einzelfällen Flüge mit eingelagerten Mustergeräten durchgeführt. Hintergund war z.B. die Praktikabilität und Tauglichkeit neuer Technologien wie z.B. Jetflaps oder AFS-bzw. B-Stall-Systeme sowie das Sicherheitspotential der zweiten Generation der vieldiskutierten High-End-Serienhochleister mit DHV 2-3 im fliegerischen Alltag. Auch bei den Klasse-2-Schirmen wird immer mehr Leistung reingepackt, die DHV-Testpiloten beobachten oft ein grenzwertiges Flugverhalten im Extremflug. Da macht es Sinn, das praktische Verhalten dieser Schirme von erfahrenen Leuten des DHV, die über jahrelange Praxis mit vielen Geräten dieser Klasse verfügen, auch außerhalb der Gütesiegeltests zu prüfen. Die Absicht bestand also darin, Weiterentwicklungen und neue Technologien auch außerhalb der Gütesiegeltestflüge von kompetenten DHV-Mitarbeitern in der fliegerischen Praxis unter die Lupe zu nehmen. Flüge dieser Art haben sich auf Einzelfälle beschränkt. In mindestens einem dieser Einzelfälle wurde hierdurch die Trimmabweichung einer ganzen Serie entdeckt. Nach unseren Recherchen ist es in einem Fall vorgekommen, dass ein Pilot, der zur damals zeitweise freiberuflich für den DHV tätig war, ein Mustergerät geflogen ist. Dies war am Tag des Tests dieses Musters unter Beisein eines DHV-Testpiloten.
Die Bedenken, dass einige Flugstunden zu einer relevanten Änderung des Flugmusters führen, halten wir für unbegründet. Die Einwände, dass ein Muster durch einen Unfall oder Vorfall (Baumlandung etc.) zerstört oder so stark verändert werden könnte, so dass es als solches nichts mehr taugt, sind jedoch berechtigt. Deshalb wurde in der Dienstanweisung vom 17.10.07die Verwendung von eingelagerten Mustern auf Flüge durch DHV-Testpiloten beschränkt. Hier die Anweisung im Wortlaut:
„Verfahrensanweisung für Dokumentationsmuster: Dokumentationsmuster, für die von der DHV-Prüfstelle eine Musterprüfbescheinigung nach § 10 a) der LuftGerPV ausgestellt wurde, werden nach Abschluß der Musterprüfung sachgerecht eingelagert. Mit diesen Mustergeräten werden keine weiteren Flüge durchgeführt, sofern nicht außergewöhnliche Vorfälle mit dem betreffenden Gerätetyp dies erforderlich machen. Solche Flüge dürfen in begründeten Einzelfällen nur durch Testpiloten der DHV-Prüfstelle oder unter Aufsicht dieser durch gerichtlich bestellte Gutachter im Auftrag eines zuständigen Gerichtes oder einer zuständigen Ermittlungsbehörde durchgeführt werden. Ein Beispiel für ausergewöhnliche Vorfälle sind Unfalluntersuchungen. Sachgerechte Einlagerung ist eine Lagerung zu den in den Lufttüchtigekeitsforderungen LTF v. 11.03.2003 Punkt 1.2.10 genannten Bedingungen.“
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Zitat von PRAdmin
In der Vergangenheit haben andere DHV-Mitarbeiter in Einzelfällen Flüge mit eingelagerten Mustergeräten durchgeführt. Hintergund war z.B. die Praktikabilität und Tauglichkeit neuer Technologien wie z.B. Jetflaps oder AFS-bzw. B-Stall-Systeme sowie das Sicherheitspotential der zweiten Generation der vieldiskutierten High-End-Serienhochleister mit DHV 2-3 im fliegerischen Alltag. Auch bei den Klasse-2-Schirmen wird immer mehr Leistung reingepackt, die DHV-Testpiloten beobachten oft ein grenzwertiges Flugverhalten im Extremflug. Da macht es Sinn, das praktische Verhalten dieser Schirme von erfahrenen Leuten des DHV, die über jahrelange Praxis mit vielen Geräten dieser Klasse verfügen, auch außerhalb der Gütesiegeltests zu prüfen.
Ist es dafür denn nicht angebracht die zu untersuchenden Schirme am Markt einzukaufen und die Referenzgeräte nicht anzurühren?
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Zitat von MAXL
Was aber, wenn ich/der DHV „rein präventiv“ und ohne belastbaren Nachweis die Produktion, den Verkauf und den Betrieb eines bestimmten Flügels beeinträchtigen/verhindern würde? Ob der Hersteller das so toll finden würde, dass er von rechtlichen Gegenmassnahmen absehen würde?
Na, aber in der Luftfahrt läuft es doch generell so. Wenn ein Flugzeug aus unerklärlichem Grund abstürzt (oder mehrere vom Himmel fallen), wird der Flugzeugtyp gegroundet bis ausgeschlossen werden kann, daß es sich um einen technischen Serienfehler handelt und Gefahr besteht, daß weitere Flugzeuge dieses Typs vom Himmel fallen.
Mir ist klar, daß sowas eine hoheitliche Aufgabe ist und der DHV sollte durch das LBA die Berechtigung dazu haben?
AW: Zulassungsprüfung von Gleitschirmen (DHV Güsi gegen En-Norm)
Negativ:
Ich glaube Euch kein Wort. Warum habt ihr nicht schon längst ein Prüfprotokoll veröffentlicht. Immerhin müssen die sog. kompetenten DHV Mitarbeiter als Testpiloten dann ein Feedback abgeben. Ich kann mir nicht vorstellen das ein solches Feedback in mündl. Form ausreicht.
Das ist eine echte Farce.
Positiv:
Immerhin Die Technik reagiert. In Zukunft werden diese Flüge von den original DHV Testpiloten unternommen und das Gerät eingelagert.
Warum fällt es dem DHV immer so schwer auch mal zu sagen was falsch gelaufen ist.
So was kann man ganz offen zugeben. Dann wird Euch jeder die Möglichkeit zur Korrektur geben.
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