Protektorpflicht

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  • Bluesky

    #61
    AW: Protektorpflicht

    Mal angenommen, die Academy habe einen Missstand (von Skandal spreche ich noch nicht) aufgedeckt und diesen der obersten zuständigen Behörde gemeldet. Dabei einen in Richtung DHV schielenden und anklagenden Ton erhoben, über dessen Bedeutung für einen respektollen Umgang miteinander man streiten könnte. Okay, das ist bereits Vergangenheit.

    Wo aber blieben in der Vergangenheit die Hersteller der Gurtzeuge und Protektoren? Hat da niemals jemand die Praxistauglichkeit oder Wissenschaftliochkeit der offensichtlich hanebüchenen DHV-Messanlage in Frage gestellt? Wurde das Messverfahren niemals angezweifelt? Was sagen die Hersteller dazu, die hier noch keine Stimme gefunden haben?

    Konkretes Beispiel: Gerade weil Advance mit dem Impress II + letztens an dieser ominösen Maschine gescheitert ist, konnten die Schweizer bisher nicht auf den Markt und haben dadurch – rein theoretisch – einen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Ganz abgesehen von den vielen verärgerten Piloten, die immer noch kein Gurtzeug haben.
    Und: Hersteller wie Advance, die inzwischen nachgebessert haben, sind jetzt zum zweiten mal gekniffen, da sie ja wiederum nicht sicher sein dürfen, dass alles korrekt ist.

    Ziemlich vertrackt das Ganze.

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    • mark

      #62
      AW: Protektorpflicht

      Zitat von ruewa
      Hallo Tommi,

      ich glaube, da muß man ein wenig über den Gleitschirm-Tellerrand blicken und die Spielregeln der Luftfahrtbehörden in Rechnung stellen. Eine Prüfstelle, ja selbst ein Hersteller von luftfahrttechnischem Gerät oder Zubehör, ist ganz rigide verpflichtet, sicherheitstechnische Mängel umgehend zu melden. Tut er das nicht, oder versucht die Sache womöglich zu vertuschen, riskiert er seine Zulassung, mithin also seine Existenzgrundlage!

      So wie ich das sehe, hatte die Academy überhaupt keine andere Wahl, als dieses Schreiben an das LBA zu verfassen! Politik hin oder her, aber in dem Fall ist das nicht die bestimmende, oder jedenfalls nicht die einzige Logik.

      Gruß Rüdiger
      Genau so ist die Sache -absolut richtig beschrieben!

      Gruss Markus

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      • Benedikt Liebermeister
        Fachreferat Öffentlichkeitsarbeit
        • 07.05.2001
        • 80

        #63
        AW: Protektorpflicht

        Hi,
        ein paar Fakten zur DHV Protektor-Test Anlage.
        Vorweg: Der DHV baute diese Anlage auf Grundlage einer Reihe von Untersuchungen von Dr. Clape (Fachgebiet Schleudersitze), aus ihnen resultierten die Belastungswerte von 20g. Sie sind also keineswegs aus der Luft gegriffen. Dies entspricht der reibungslosen Aufprallgeschwindigkeit 5,42 m/s aus einer Fallhöhe von 1,5 m, was in etwa der Durchschnitts-Sinkgeschwindigkeit eines Rettungsschirms entspricht.

        Wir nutzen einen Holzdummy mit relativ starker Rundung unten, weil dies eine ungünstige Lage simuliert, in der man aufkommen könnte (Knie angezogen, Steißbein voraus). Dies belastet den Protektor auf einer geringen Fläche. Es ist klar, umso größer die Kontaktfläche zwischen Holzdummy und Protektor ist, desto günstiger die Druckübertragung und geringer der gemessene g Wert. In der Regel wird also ein Pilot einen besseren Schutz erhalten, als beim Testen simuliert.

        Die Montage eines Protektors auf dem Holzdummy wird in der Regel dem Hersteller überlassen. Mehrere Versuche sind erlaubt, da sich die Dämpfungseigenschaften eines Protektors mit zunehmender Benutzung verschlechtern. Unsere Tests haben gezeigt, dass die unterschiedliche Montage eines Protektors zu großen Abweichungen beim gemessenen g Wert führen kann. Beim Testen haben wir dem Hersteller erlaubt, so lange die Montage zu variieren, bis eine optimale Position gefunden war - wobei diese Position aber der Flugpraxis entsprechen musste.

        Um die Streuung wegen der unterschiedlichen Montage zu minimieren, hatten wir bereits für das Gütesiegel 2008 eine Eingrenzung der Variation vorgeschlagen.
        Die Ziele der Einführung eines Protektortests waren erstens, Piloten zu schützen, und zweitens, eine Anlage zu bauen, die eine Vergleichsbasis verschiedener Produkte bietet, zu vernünftigen Kosten und vertretbarem Aufwand. Diese Ziele haben wir erreicht. Die Protektorpflicht hatte einen starken Anreiz zum Bau von Protektoren und besser schützenden Gurtzeugen bewirkt, was sicherlich allen Piloten zu Gute gekommen ist.

        In der vom LBA herausgegebenen LTF wurde einfacherweise eine Fallhöhe für die Prüfnorm angegeben - bei nur einer Anlage war dies völlig ausreichend. Bei mehreren Prüfanlagen erscheint es aus heutiger Sicht besser, die Messung der Aufprallgeschwindigkeit vorzunehmen, um bessere Vergleichsmöglichkeiten zu haben. Wenn aber eine bestimmte Geschwindigkeit verlangt wird, kann es sein, dass ein Test öfter wiederholt werden muss, bis dieser Wert erreicht ist, was wiederum zu einer Alterung der Protektoren führt. Der Hersteller der einen leichten "Einweg-Airbag" gebaut hat, wird sich kaum freuen, wenn er mit mehreren Stücken anreisen muss.

        Zur DHV Zeitachse: Die DHV Messanlage nutzt einen Beschleunigungssensor und A-D Wandler, der bei vorher festgelegten Wert auslöst, und bei diesem Punkt 500 Samples vorher und nachher nimmt. Erfasst wird bei 1000 Hz. Dass der Sensor vor dem Aufprall einiges an Rauschen zeigt, ist sicherlich nicht optimal - dies liegt an dem Sensor selbst, und an Vibrationen aus den kugelgelagerten Anlagenschienen. Nach einer ordentlichen Sättigung ist der Sensor etwas ruhiger. Bei mehreren Versuchen mit dem gleichen Protektor hat es hat sich gezeigt, dass dieses Rauschen innerhalb der Fehlertoleranz des Gesamtsystems liegt und nicht zu gravierenden Verfälschungen des Ergebnisses führt. Ob eine Anlage, die auf Teflonschienen läuft, bessere Widerstands- und Alterungseigenschaften wie die vom DHV benutzten Kugellager hat, darf bezweifelt werden.
        Der für die Protektorzulassung vorgeschriebene g Wert dient einer reproduzierbaren Messung, um Protektoren verschiedener Bauweisen untereinander vergleichen zu können.

        Aus heutiger Sicht: Alle technische Geräte, die mehr als ein paar Jahre im Gebrauch sind, erscheinen veraltet - dies muss aber nicht gleich heißen, dass die gemessenen Ergebnisse plötzlich irrelevant sind. Beim Messanlagen-Bauen ist es sehr wichtig, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Eine neu gebaute Anlage mit neuen Sensoren und Materialien bedarf einer Kalibrierung basierend auf der alten Anlage. Ein solches Verfahren bringt einen nicht unerheblichen Aufwand mit sich, und natürlich auch die entsprechenden Kosten.

        Es ist klar, dass mit mehr Aufwand eine bessere Anlage gebaut werden könnte – dazu ist der DHV dann bereit, wenn diese einen höheren Sicherheitsgewinn bewirkt.

        Peter Wild
        Systems Engineer
        DHV Technical Department

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        • abachtern
          Registrierter Benutzer
          • 13.11.2005
          • 624
          • Mirko

          #64
          AW: Protektorpflicht

          Zitat von PRAdmin
          Hi,
          Eine neu gebaute Anlage mit neuen Sensoren und Materialien bedarf einer Kalibrierung basierend auf der alten Anlage.
          Hallo Herr Wild,

          diese von Ihnen genannte Aussage kann ich überhaupt nicht teilen.

          In der LTF stehen diese 20 G aus 1,50m und die müssen eingehalten werden.

          Selbstverständlich muss die Anlage richtig messen, das lässt sich herausfinden. Das gilt auch für die Messanlage des DHV.

          Es ist nicht korrekt zu sagen, die DHV Messanlage ist der Goldstandard an dem sich alle abgleichen müssen. Der Standard ist die vom DHV herausgegebene LTF oder aber die EN.

          Gruß

          Mirko

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          • #herby#
            Registrierter Benutzer
            • 23.08.2004
            • 1152
            • Herbert
            • München

            #65
            AW: Protektorpflicht

            @PRAdmin:
            Danke erst mal für die Erläuterungen. Diese hören sich für mich genauso plausibel, wie der Bericht von Guido Reusch an. Auch schön zu hören das sich DHV und Akademy noch in dieser Woche an einen Tisch setzten wollen, um der Abweichung weiter auf den Grund zu gehen.

            Ich tippe mal das in dem folgendem Punkt das größte Potential für die Abweichung liegt:
            Zitat von PRAdmin
            Unsere Tests haben gezeigt, dass die unterschiedliche Montage eines Protektors zu großen Abweichungen beim gemessenen g Wert führen kann. Beim Testen haben wir dem Hersteller erlaubt, so lange die Montage zu variieren, bis eine optimale Position gefunden war - wobei diese Position aber der Flugpraxis entsprechen musste.
            Schätze mal das bei den Akademy-Tests nicht die optimale Dummyposition gesucht wurde. Diese Position zu suchen ist nach der NfL II 35/3 aber legitim.

            Eines bitte ich hier auch nicht zu vergessen.
            Wir jammern hier auf sehr hohem Niveau. Mir ist kein Land bekannt, das einen höheren Sicherheitsstandart bei den Protektoren umgesetzt hat als Deutschland.
            Und wer hat das nochmal massgeblich umgesetzt?
            Viele Grüße
            Herbert

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            • j.livingston
              Registrierter Benutzer
              • 18.08.2006
              • 1205
              • Neandertal

              #66
              AW: Protektorpflicht

              Nettes Statement aus der Technik, um nicht zu sagen: mutig.

              Ich schau mir die Aussagen an und vergleiche mit dem Messchrieb. Folgende Gedanken kommen mir dabei:
              Erwarten würde ich ein Geschehen wie hier: Lange Zeit konstante Beschleunigung und dann Badabum. ;-)
              Und was sehen wir in dem DHV-Schrieb....?
              in anfangs recht konstant, ein wenig Rauschen, und nach 200ms bekommt der Dummy das grosse Flattern bremst, beschleunigt, bremst, beschleunigt.... in beachtlichem MAsse sogar. Mehrfach schafft ers bis zu 3g. Respekt! Nach weiteren 250ms kommt endlich der erlösende Badabum...mit traumhaften Verzögerungswerten von ganz wenig mehr als 11g.
              Die Hälfte der Fallzeit rauscht euer Sensor oder AD Wandler ganz besonders heftig, zusammen mit den Vibrationen sollen so schon mal 3g beisammenkommen?
              Leute wem wollt ihr das Verkaufen?
              Euer System ist verschmutzt oder der Schlitten ist verkeilt oder sonstwas! Aber einen Messfehler von ca 20 bis 30% als Rauschen zu akzeptieren überstrapaziert meine Toleranz.
              Entweder habt ihr dort eine Messeinrichtung die schlichtweg zu hoch auflöst (was ich nicht glaube) oder euer Aufbau ist ..... wie sag ichs ohne gelöscht zu werden?....euer Aufbau ist in die Tage gekommen wo er extrem pflegebedürftig ist.
              Stiller Mitleser :-)

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              • ruewa
                Registrierter Benutzer
                • 10.03.2007
                • 654
                • Rüdiger Walter

                #67
                AW: Protektorpflicht

                Hallo Peter,

                zunächst einmal Danke für die angenehm sachliche Darstellung abseits der sonst so oft nervenden Deklarationssprache. Aber natürlich sind noch eine Menge Fragen offen.

                Der besagte Meßschrieb, der da im Raum steht und kaum nachvollziehbar ist: Woher stammt der? Ist das das Protokoll einer regulären Zulassungsprüfung, oder ist das ein Demoprotokoll eines undefinierten Probelaufs? Stimmen denn die Maßeinheiten der Zeit- und der Beschleunigungsachse, abseits des offenkundigen Kalibrierungsfehlers? Schon die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Fallbeschleunigung überhaupt beginnt, führt beim Betrachten des Schriebs zu Ratlosigkeit.

                Zitat von PRAdmin
                Wir nutzen einen Holzdummy mit relativ starker Rundung unten, weil dies eine ungünstige Lage simuliert, in der man aufkommen könnte (Knie angezogen, Steißbein voraus). Dies belastet den Protektor auf einer geringen Fläche. Es ist klar, umso größer die Kontaktfläche zwischen Holzdummy und Protektor ist, desto günstiger die Druckübertragung und geringer der gemessene g Wert. In der Regel wird also ein Pilot einen besseren Schutz erhalten, als beim Testen simuliert.
                Wurden hierzu denn Meßreihen durchgeführt, um z.B. den Einfluß eines Sitzbretts zu objektivieren? Gibt es Abschätzungen, wie gut dieser Versuchsaufbau die Realität abbildet?

                In der vom LBA herausgegebenen LTF wurde einfacherweise eine Fallhöhe für die Prüfnorm angegeben - bei nur einer Anlage war dies völlig ausreichend. Bei mehreren Prüfanlagen erscheint es aus heutiger Sicht besser, die Messung der Aufprallgeschwindigkeit vorzunehmen, um bessere Vergleichsmöglichkeiten zu haben.
                Aber da reicht doch eine einmalige Vermessung der Anlage mit entsprechender Fehlerdiskussion - die Reibung eines Führungssystems vermag man doch in Größenordnungen zu halten, die nahezu vernachlässigbar sind! Von welcher Größenordnung geht Ihr denn bei Eurer Vorrichtung aus?

                Zur DHV Zeitachse: Die DHV Messanlage nutzt einen Beschleunigungssensor und A-D Wandler, der bei vorher festgelegten Wert auslöst, und bei diesem Punkt 500 Samples vorher und nachher nimmt. Erfasst wird bei 1000 Hz. Dass der Sensor vor dem Aufprall einiges an Rauschen zeigt, ist sicherlich nicht optimal - dies liegt an dem Sensor selbst, und an Vibrationen aus den kugelgelagerten Anlagenschienen.
                Heißt das, die Messung wird ausgelöst, sobald der Prüfkörper im freien Fall ist, also Beginn des Versuchs = ein paar ms vor Null auf der Zeitachse? Dann würde ich die kleinen Zacken im linken Teil als "Rauschen" akzeptieren, aber wo kommt dann ab 190 ms das Geratter her? Wenn ich es richtig verstehe, hat das fallende Gesamtsystem eine Masse von 50 kg, davon sollte, um Störeinflüsse zu minimieren, der Prüfkörper selbst den Löwenanteil ausmachen. Auch sollte man denken, daß die Sensoren am Prüfkörper selbst befestigt sind, oder ist das nicht so? Eine fallende Masse von 50 kg, die durch das Abrollen von Kugellagern so in Schwingungen gerät, daß die Sensoren Ausschläge von +- 3-5 g (in Fallrichtung!) aufzeichnen? Schwer vorstellbar! Gibt es Videos Eurer Versuche? Das müßte ja als brutales Rattern (das überdies enorm viel Bewegungsenergie verzehren würde) aufgezeichnet sein. Da scheint ein Fehler im System zu sein, der hochgradig aufklärungsbedürftig ist!

                Aus heutiger Sicht: Alle technische Geräte, die mehr als ein paar Jahre im Gebrauch sind, erscheinen veraltet - dies muss aber nicht gleich heißen, dass die gemessenen Ergebnisse plötzlich irrelevant sind. Beim Messanlagen-Bauen ist es sehr wichtig, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Eine neu gebaute Anlage mit neuen Sensoren und Materialien bedarf einer Kalibrierung basierend auf der alten Anlage.
                Nein! Das Problem ist doch, daß offenbar die Validität der Messungen infrage steht! Dazu bedarf es jetzt zunächst einmal einer schonungslosen Fehlerbetrachtung. Da geht es nicht um mehr oder weniger "Rauschen", sondern ganz offenkundig um ein handfestes technisches Problem mit gravierenden Auswirkungen!

                Gruß Rüdiger



                Nachtrag, ohne genauere Kenntnis des Aufbaus der Vorrichtung: Mir sieht das am ehesten nach Resonanzschwingungen im System Prüfkörper-Halterung-Rollwagen-Führungsschienen aus, die Kugellager spielen dabei vermutlich die geringste Rolle. Da würde schon einmal helfen, ein paar Sensoren auf die Rückseite der Führungsschienen zu kleben. Könntet Ihr vielleicht mal ein paar Photos der Vorrichtung veröffentlichen?
                Zuletzt geändert von ruewa; 07.04.2008, 20:22. Grund: Nachtrag

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                • pipo
                  Registrierter Benutzer
                  • 03.10.2002
                  • 2745
                  • Philipp Medicus
                  • Absam bei Innsbruck

                  #68
                  AW: Protektorpflicht

                  Hallo Peter Wild & DHV!

                  Ich bin verwundert, dass in keiner Weise auf die Ausführungen z.b. in meinem oder in dem Posting von Rüdiger W. eingegangen wurde.
                  Für mich drängt sich der Eindruck auf, dass bewusst vermieden wurde, auf diese Punkte konkret einzugehen. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

                  Ich habe noch ein paar konkrete Fragen zu den Ausführungen in der Stellungnahme:

                  > Der DHV baute diese Anlage auf Grundlage einer Reihe von Untersuchungen von
                  > Dr. Clape (Fachgebiet Schleudersitze), aus ihnen resultierten die
                  > Belastungswerte von 20g. Sie sind also keineswegs aus der Luft gegriffen. Dies
                  > entspricht der reibungslosen Aufprallgeschwindigkeit 5,42 m/s aus einer
                  > Fallhöhe von 1,5 m

                  Der Absatz ergibt für mich keinen Sinn, bzw. ich verstehe ihn nicht: Was entspricht der reibungslosen Aufprallgeschwindigkeit aus 1.5m?

                  > In der vom LBA herausgegebenen LTF wurde einfacherweise eine Fallhöhe für
                  > die Prüfnorm angegeben - bei nur einer Anlage war dies völlig ausreichend. Bei
                  > mehreren Prüfanlagen erscheint es aus heutiger Sicht besser, die Messung der
                  > Aufprallgeschwindigkeit vorzunehmen, um bessere Vergleichsmöglichkeiten zu
                  > haben.

                  Ich denke, die Forderungen der aktuellen LTF sind absolut ausreichend. Nämlich Freifall aus 1,5m Höhe. Die dazugehörige Geschwindigkeit lässt sich nach Newton ganz einfach errechnen. Man braucht sie wirklich nicht eigens zu definieren. Weicht die Aufprallgeschwindigkeit einer Anlage wesentlich von dieser Geschwindigkeit ab, erfüllt sie die LTF nicht. Es gibt für mich da keine andere Sichtweise, ich bin aber offen für Argumente!

                  > Wenn aber eine bestimmte Geschwindigkeit verlangt wird, kann es sein, dass
                  > ein Test öfter wiederholt werden muss, bis dieser Wert erreicht ist, was
                  > wiederum zu einer Alterung der Protektoren führt.
                  Ihr seid also der Meinung, dass es so schwer möglich ist, die geforderten 5.4m/s reproduzierbar zu erreichen??
                  Genau das war doch bisher schon durch die LTF gefordert. Wenn anscheinend mit der DHV Anlage keine gleichbleibende Geschwindigkeit erreicht werden konnte, (so muss ich obige Aussage verstehen) dann hätten die Tests auch nach den aktuellen Richtlinien wiederholt werden müssen. Nicht nur, um die LTF zu erfüllen, sondern auch um zumindest eine Vergleichbarkeit der getesteten Gurtzeuge untereinander zu ermöglichen.

                  > Eine neu gebaute Anlage mit neuen Sensoren und Materialien bedarf einer
                  > Kalibrierung basierend auf der alten Anlage. Ein solches Verfahren bringt einen
                  > nicht unerheblichen Aufwand mit sich, und natürlich auch die entsprechenden
                  > Kosten.
                  Warum bitte sollte eine neue Anlage basierend auf einer alten Anlage kalibriert werden??

                  Eine neue (wie auch eine alte) Anlage muss die LTF Forderungen erfüllen, und muss basierend auf diesen Forderungen konstruiert und überprüft werden. Nicht die aktuelle DHV Vorrichtung definiert den Standard, sondern die klar formulierten Bestimmungen der LTF!!
                  Es bedarf keines technischen Geniestreichs, eine Anlage zu bauen, die diese Vorgaben mit geringen Abweichungen erfüllt. Noch einfacher ist es, bei einer bestehenden Anlage zu überprüfen, ob sie die Vorgaben erfüllt. Tut sie das nicht, braucht's was besseres.

                  > Es ist klar, dass mit mehr Aufwand eine bessere Anlage gebaut werden könnte
                  > – dazu ist der DHV dann bereit, wenn diese einen höheren Sicherheitsgewinn
                  > bewirkt.
                  Einen höheren Sicherheitsgewinn als was?
                  Ich persönlich würde den Standpunkt vertreten, dass dann eine neue Anlage gebaut werden muss, wenn die alte die LTF Forderungen nicht mit ausreichender Genauigkeit erfüllt.

                  vG!

                  Philipp

                  Ich erlaube mir nochmal konkret ein paar Fragen aus meinem oben bereits erwähnten Posting zu stellen und bitte um eine Antwort. Ich beziehe mich dabei auf diesen Schrieb:

                  1.) Ist die Zeitachse korrekt beschriftet, bzw. entsprechen 100ms auf dem Mess-Schrieb jenen 100ms, die durch die SI-Konvention festgelegt sind?

                  1.1) Selbe Frage für die Beschleunigungsachse.

                  2.) Gehe ich richtig in der Annahme, dass die Freifallphase in etwa bei ms190 beginnt?

                  3.) Warum ist dieses angebliche Sensor-Rauschen nur in der Fallphase so ausgeprägt, und danach kaum mehr vorhanden? (Für mich persönlich ist dieser Unterschied nur so zu erklären, dass schon eine tatsächliche Beschleunigung/Ruckeln gemessen wurde, die eben nur in der Fallphase vorhanden ist, und davor und danach nicht.)

                  4.) Warum ist der gemittelte Wert dieses angeblichen Rauschens nicht annähernd dort, wo er bei einem Freifall sein müsste? (Nämlich 1g unter der Ruhelage) Wie ist dieser Mittelwert zu erklären?


                  Abschließend und ganz allgemein formuliert: Mich würde interessieren, wie ihr in diesem Mess-Schrieb die LTF Forderungen umgesetzt seht.
                  Zuletzt geändert von pipo; 07.04.2008, 22:56.
                  NOVA

                  Kommentar

                  • Major Kong
                    Registrierter Benutzer
                    • 10.11.2007
                    • 10
                    • Oliver Keller

                    #69
                    AW: Protektorpflicht

                    Hallo zusammen,

                    ich stehe vor der Anschaffung eines Gurtzeugs und verfolge die Diskussion daher mit großem Interesse.

                    Ich hoffe, dass die technischen Details in naher Zukunft geklärt und im gegenseitigen Einvernehmen auf einen einheitlichen und aktuellen Stand gebracht werden, schließlich geht es ja um die Pilotensicherheit, der sich sowohl DHV als auch Academy verschrieben haben.

                    Natürlich kann man sich über Vorgehensweise und Tonfall der Academy streiten, aber das ist aus meiner Sicht zweitrangig. Viel wichtiger ist doch der Inhalt der Kritik, und das "was" sollte unabhängig vom "wie" betrachtet werden. Ein einfaches Abwatschen aus formalen Gründen wäre die falsche, weil zu einfache Antwort. Daher auch ein klares Danke für die ausführliche Aussage von Peter Wild.

                    Folgende Aussage reizt mich allerdings zu Widerspruch :

                    Zitat von PRAdmin
                    Hi,
                    [...] Der Hersteller der einen leichten "Einweg-Airbag" gebaut hat, wird sich kaum freuen, wenn er mit mehreren Stücken anreisen muss.


                    Peter Wild
                    Systems Engineer
                    DHV Technical Department
                    Zwar kann ich das materielle Interesse der Hersteller nachvollziehen, aber nicht teilen: Wenn man ein verschleißfreudiges Teil verkaufen möchte, dann muss man halt auch in den sauren Apfel beißen und mehrere Testexemplare für die Prüfung anliefern. Außerdem werden nach einem realen Absturz die Einwegprotektoren ja hoffentlich auch ausgetauscht, d.h. im Schnitt verkauft man dann auch mehr dieser Teile. Der im Sturztest erhöhte Verbrauch ergibt also insgesamt im echten Leben auch einen höheren Umsatz. Wem das nicht recht ist, soll halt keine Einwegprotektoren verbauen.

                    Gibt es denn wirklich Hersteller, die auch noch anfangen wegen ein paar Testexemplaren herumzujammern ? Schließlich kosten diese ja auch nicht den Endkunden-Verkaufspreis... und bei der Sicherheit der Kunden sollte die Kostenoptimierung lieber früher als später beendet sein.

                    Also bitte : Alle Beteiligten sollten sich wie geplant zusammensetzen und konstruktiv die Testmethoden abgleichen und auf den Stand der Technik bringen. Das Interesse der Hersteller ist monetär, no problem, es sind ja Unternehmen. Aber mein Verband sollte sich das nicht zu eigen machen, sondern die Interessen der Piloten vertreten, auch wenn´s ein paar Gurtzeuge mehr kostet.


                    Viele Grüße,

                    Oliver

                    Kommentar

                    • Ma Schmi
                      • 05.06.2001
                      • 829

                      #70
                      AW: Protektorpflicht

                      Zitat von PRAdmin
                      Es ist klar, umso größer die Kontaktfläche zwischen Holzdummy und Protektor ist, desto günstiger die Druckübertragung und geringer der gemessene g Wert.
                      Peter Wild
                      Systems Engineer
                      DHV Technical Department
                      Glaube ich nicht.
                      Ein Spitzarsch hat noch nie eine ordentliche Bombe produziert.

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                      • Micha0365
                        Registrierter Benutzer
                        • 27.07.2006
                        • 1778
                        • Michael B.
                        • Süddeutschland

                        #71
                        AW: Protektorpflicht

                        Zitat von PRAdmin
                        Aus heutiger Sicht: Alle technische Geräte, die mehr als ein paar Jahre im Gebrauch sind, erscheinen veraltet - dies muss aber nicht gleich heißen, dass die gemessenen Ergebnisse plötzlich irrelevant sind....

                        Es ist klar, dass mit mehr Aufwand eine bessere Anlage gebaut werden könnte – dazu ist der DHV dann bereit, wenn diese einen höheren Sicherheitsgewinn bewirkt.
                        Ein rein sachlicher, fachlicher Tipp (für alle Beteiligten Prüfstellen):
                        Ausgehend von der Annahme, dass in der Luftfahrt bezüglich Messtechnik mindestens gleich sorgfältig vorgegangen werden sollte wie in der Automobilwelt, empfehle ich die Lektüre der entsprechenden Kapitel (Prüf- und Messmittelmanagement) in der QS9000 / TS16949 und des MSA (Measurement System Analysis) Handbuches, welches bei der AIAG erhältlich ist. Speziell die dort enthaltenen Methoden zur Prüfmittelfähigkeitsuntersuchung und -Überwachung dürften ziemlich relevant sein.

                        Gruß, Michael
                        ----
                        Reine Privatmeinung ohne Zusatz von Konservierungsmitteln und Farbstoffen.
                        100% biologisch abbaubar.

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                        • abachtern
                          Registrierter Benutzer
                          • 13.11.2005
                          • 624
                          • Mirko

                          #72
                          AW: Protektorpflicht

                          Hallo,

                          bei einer Fallhöhe von 1,50m und 50 kg ist die Aufprallenergie dadurch definiert. Die Energie wird beim Aufprall freigesetzt und der Protektor entscheidet über die Verteilung der Energie (Kurvenform).

                          Die Gesamtmenge der Energie ist das Integral der Kurve also die Fläche unter der Kurve.

                          Wenn man sich beide Schreiberprotokolle von DHV und Academie ansieht fällt auf dass der Peak beim DHV nur ca 30 ms breit und ca. 11 g hoch ist.
                          Beim Schreiberprotokoll der Academie ist die Breite des Peaks ca. 70 ms und ca. 32 G hoch.

                          Somit sind die Flächen unter den Kurven (Peaks) deutlich unterschiedlich, was eigentlich nicht sein kann da mit der selben Energie gearbeitet wird.

                          Für mich passt das nicht zusammen.

                          Gruß

                          Mirko
                          Angehängte Dateien
                          Zuletzt geändert von abachtern; 08.04.2008, 06:20. Grund: Schreibfehler

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                          • ruewa
                            Registrierter Benutzer
                            • 10.03.2007
                            • 654
                            • Rüdiger Walter

                            #73
                            AW: Protektorpflicht

                            Hallo Pipo,

                            ich habe grade Dein Post gelesen und den Schrieb mal wieder auf ein Neues studiert. Stimmt, ich glaube, Du hast recht: Bei 190 ms gibt es eine ganz unscheinbare Absenkung um 0,7 g, dann geht das Gerappel los. Das könnte der Startpunkt sein. Wenn die Zeitachse stimmt, vergehen bis zum Aufprall 270 ms, das entspräche einer (ungebremsten) Fallhöhe von 36 cm.

                            Interessant ist, daß das Gerappel zunächst stetig ansteigt, um dann bei t = 350 ms schlagartig anzuwachsen. Danach gibt es sozusagen "schwebende" Knoten auf annähernd gleichhohem Niveau. Das würde meine Vermutung, daß sich das System zwischen 350 ms und 450 ms, also bis zum Aufprall, in einer resonanznahen (Quer-) Schwingung befindet, stützen. Wenn dem so ist, kostet das natürlich richtig viel Energie, auf Kosten der Fallgeschwindigkeit. Das würde auch erklären, warum das Beschleunigungsniveau nicht wie erwartet um 1 g abgesenkt ist - die Vertikalbeschleunigung wird einfach aufgefressen! Daß die Protektoren dabei dann erheblich besser abschneiden, ist klar.

                            Wahrscheinlich besteht ein weiterer systematischer Fehler darin, daß die Zeitachse um den Faktor 2 gestaucht ist, dann würden die Zeiten für den Freifall wie auch für das Aufprallgeschehen plötzlich wieder stimmen (Letzteres 35 ms beim DHV-Schrieb, ca. 70 ms beim EAPR-Schrieb) - denkbar wäre, daß die Taktrate nicht stimmt oder daß aus irgendwelchen Gründen jeder 2 Meßpunkt verschluckt wird.

                            Ganz klar: Das ist kein Sensor-Rauschen auf dem DHV-Schrieb, sondern ein reales Geschehen! Nun frage ich mich: Hat sich das denn in 8 langen Jahren keiner mal richtig angesehen ???

                            Gruß Rüdiger
                            Zuletzt geändert von ruewa; 07.04.2008, 22:27.

                            Kommentar

                            • mark

                              #74
                              AW: Protektorpflicht

                              Eigentlich ganz einfach: Wird die geforderte resultierende Aufprallgeschwindigkeit auch bei der DHV-Prüfmaschine erreicht ja/nein. Dies zu messen darf keine Herausforderung darstellen und sollte innert eines Arbeitstages möglich sein.

                              Dann ist die Sache geklärt und der Rest kann nur noch an der angesprochenen optimalen Protektormontage liegen.

                              Markus

                              Kommentar

                              • abachtern
                                Registrierter Benutzer
                                • 13.11.2005
                                • 624
                                • Mirko

                                #75
                                AW: Protektorpflicht

                                Hallo,

                                habe gerade nochmals nachgerechnet.

                                Der Verzögerungspeak aus dem DHV Messprotokoll ist wie schon vorher geschrieben ca. 30 ms breit. D.h. der Protektor wird in den ersten 15 ms immer weiter zusammengedrückt bis am Scheitelpunkt die 11 G gemessen werden. danach entspannt sich der Protektor in weiteren 15 ms wieder auf 0 G.

                                Das bedeutet doch, dass der Protektor die Geschwindigkeit von 5,42 m/s (entspricht dem Freifall aus 1,50m) innerhalb von 15ms auf 0 m/s abbremst.

                                5,42m/s : 0,015s = 361m/s*s

                                361m/s*s : 9,81 m/s*s= 36G

                                Wenn man es schaffen würde einen Körper mit der Geschwindigkeit 5,42 m/s gleichförmig abzubremsen, wird in dieser Zeit eine Kraft von 36 G wirken (die Kurve hätte dann eine rechteckige Form).

                                Somit sind die gemessenen 11 G nicht möglich.

                                Wenn man die Daten aus dem Academie Messchrieb nimmt ist der Verzögerungspeak ca. 70 ms breit also 35 ms Verzögerung.

                                5,42 m/s : 0,035s =154m/s*s

                                154 m/s*s : 9,81 m/s*s = 16 G

                                Da der Bremsvorgang mit 0 g startet und mit 32 G endet ist der Durchschnitt von 16 G realistisch (Kurve ähnelt einem Dreieck).

                                Ich würde mich freuen, wenn jemand aus der Technikabteilung der sich mit der Thematik auskennt hierzu Stellung nehmen würde.

                                Das Ergebnis der Academie erscheint mir plausiebel, das Ergebnis des DHV´s setzt die Regeln der Physik außer Kraft oder die Erdbeschleunigung am Tegernsee geht gegen Null.

                                Gruß

                                Mirko
                                Zuletzt geändert von abachtern; 08.04.2008, 06:25.

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