Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

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  • tstreng
    Registrierter Benutzer
    • 25.08.2005
    • 274

    AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

    Zitat von Karl Slezak
    @ all

    DHV-Webnews zum Thema

    Grüße

    Karl Slezak
    finde ich gut!

    Kommentar

    • MalteJ
      Registrierter Benutzer
      • 17.02.2002
      • 942
      • Malte Janduda

      Der Formel zuliebe...

      Es tut mir Leid, ich habe nicht jeden einzelnen Beitrag in diesem Thread gelesen - sorry, wenn ich etwas wiederhole.

      Nur um mal die Anerkennung der Formel zu retten:


      Mit dieser Formel lassen sich relativ einfach Auswirkungen durch Variation verschiedener Parameter aufeinander aufzeigen.
      Fa ist die Auftriebskraft
      cA ist der Auftriebsbeiwert
      roh ist die Luftdichte
      v ist die Geschwindigkeit
      A ist die Referenzfläche


      So hilft diese Formel beispielweise zu berechnen, wie groß die Auswirkung auf die Auftriebskraft ist, wenn ich die Fluggeschwindigkeit um 50% erhöhe. In diesem Falle kann man mit einem Auftriebszuwachs von 125% auf 225% rechnen.

      Für den Widerstand gilt so ziemlich das gleiche:



      Die Reynoldszahl

      Dies gilt jedoch strenggenommen nur bei gleichbleibender Reynoldszahl. Die Reynoldszahl beziffert das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften im Fluid (hier Luft). Ist dieses Verhältnis bei zwei verschiedenen Messungen (z.B. verschiedene Geometriegröße) gleich, so ist auch das Turbulenzverhalten gleich.
      Die Reynoldszahl hängt unter anderem proportional von der Geschwindigkeit des Strömung als auch von der charakteristischen Länge der Geometrie ab. Erhöhe ich also die Geschwindigkeit um 50%, erhöht sich auch die Reynoldszahl um 50%. Um auf die gleiche Reynoldszahl zu kommen müsste ich die Länge der Geometrie um 50% reduzieren.

      Reynoldszahl:


      Dies nutzen bspw. Flugzeug- und Automobilhersteller, um runterskalierte Modelle in den Windkanal zu stellen. Sie können also ein billigeres 1:5 Modell nehmen, passen die Geschwindigkeit entsprechend an, dass die Reynoldszahl gleich ist, und erhalten dann am kleinen Modell das gleiche Turbulenzverhalten wie am 1:1 Modell. Nun rechnen Sie aus den auftretenden Kräften die aerodynamischen Kennwerte zurück (bspw. cW):


      Diesen cW Wert können sie nun auf die 1:1 Geometrie übertragen, indem sie einfach die ursprüngliche Geschwindigkeit und Referenzfläche (die Automobilindustrie nimmt hierfür die projizierte Frontfläche) einsetzen und erhalten so ihre Widerstandskräfte (bzw. bei entsprechenden Kennzahlen Giermomente und Achs-Auftriebe).


      Was passiert, wenn man nicht auf eine gleiche Reynoldszahl achtet?

      Bleiben wir beim Auto:
      Wir haben ein Fließheck mit einem konvex gewölbten Dach. Während langsamer Fahrt (=niedrige Reynoldszahl) strömt die Luft über die Motorhaube, über die Windschutzscheibe, über das Dach und fließt hinten an der Kante des Kofferaumdeckels ab.
      Nun erhöhen wir die Geschwindigkeit (und damit die Reynoldszahl). Nun reißt plötzlich die Strömung schon über dem Fließheck ab! Hier sind die Trägheitskräfte der Luft so groß geworden, dass sie der Kontur des Daches nicht mehr folgen konnten (man erinnere sich, Reynoldszahl = Trägheitskräfte / Zähigkeitskräfte). Im Resultat verändert sich das Turbulenzverhalten gravierend.

      Das heißt:
      Ein cW Wert gilt nur für ein bestimmtes Turbulenzverhalten.
      Bei gleichem Turbulenzverhalten kann ich diesen cW Wert aber auch bei verschiedenen Referenzflächen und Geschwindigkeiten anwenden - solange ich durch die Variierung dieser Parameter nicht das Turbulenzverhalten bedeutend beeinflusse.
      Beim Automobil werden deshalb meist nur drei oder vier Geschwindigkeitsbereiche gemessen: 60km/h, 100km/h, 130km/h, 180km/h. Bei den drei letzten verändert sich der cW Wert in den meisten Fällen nur unbedeutend.


      Übertragen auf die Rundkappe

      Gleiches Prinzip lässt sich auf eine Rundkappe anwenden:
      Ich brauche eine Referenzmessung - z.B. einen DHV Test.
      Dabei erhalte ich bei Geschwindigkeit v eine Kraft F. Die Luftdichte kann mit 1,2 kg*m^-3 angenommen werden. Die Fläche A nehme ich aus meinem CAD-Modell. Hierbei ist es unerheblich, ob ich die projizierte, oder die ausgelegte Fläche nehme - der cW Wert fällt bei der projizierten dann entsprechend höher aus, als bei der ausgelegten. Möchte ich die ausgelegte Fläche nehmen, muss ich beachten, dass bei meinen Vergleichen später das Verhältnis von projizierter zu ausgelegter Fläche gleich bleibt.
      Aus diesen Daten errechne ich nun also meinen cW Wert.
      Dieser cW Wert gilt für Rundkappen dieser Bauart. Möchten wir konventionelle Rundkappen bspw. mit Annular Kappen vergleichen, müsste man strenggenommen die verschiedene Wirbelbildung einer Annular berücksichtigen und für diese einen neuen cW Wert vermessen. Dann kann ich auch hier wieder mit A und v spielen, um meine Kräfte zu berechnen und zu vergleichen.

      Man kann die Formel natürlich auch nach v umstellen, so wie es Dani schon gepostet hat:



      Zusammenfassung

      Die Auftriebs- bzw. Widerstandsformel hat ihre Berechtigung dort, wo es darum geht, die Auswirkung von Parametervariationen zu beurteilen. Hierbei müsste strenggenommen auf Reynoldsgleichheit geachtet werden. In der Praxis hat es sich jedoch als ausreichend erwiesen, auf grundsätzlich gleiches Turbulenzverhalten und Wirbelbildung zu achten.
      Werden verschiedene Geometrien miteinander verglichen, muss auch mit verschiedenen cW Werten gearbeitet werden.


      Am Rande

      Sobald ein Objekt nicht nur dem Luftstrom Widerstand leistet, sondern sich hierin mit einer zur Anströmung rechtwinkligen Komponente bewegt, erzeugt es einen dynamischen Auf- bzw. Abtrieb, welcher gesondert zu berücksichtigen ist. Eine asymmetrisch geschlitzte Rundkappe bspw. könnte durch den entstehenden Drift zusätzlich einen dynamischen Auftrieb erfahren.
      Bei einem nicht horizontal fixierten Abwurf, könnte so der zusätzlich entstandene Auftrieb die Sinkgeschwindigkeit reduzieren. Bei einer Rettungsauslösung mit nicht abgetrenntem Hauptschirm, wird vom Hauptschirm dieser Drift behindert - der Auftrieb wird nicht erzeugt - die Sinkgeschwindigkeit ist höher als beim Abwurftest.
      Fixiert man beim Test diese horizontale Komponente, wie dies der DHV bei seinen Rundkappen-Tests mit einem Stab tut, kann kein Drift entstehen, weshalb hierbei auch nur der Widerstand und dadurch unter Umständen konservativere Sinkgeschwindigkeiten gemessen werden.


      Viele Grüße,
      hoffentlich wirds Wetter bald besser,
      Malte Janduda



      Da man hier wohl besser schreibt, wer und was man ist:
      Student der Luft- und Raumfahrt, TU München
      Aerodynamische Beratung Team 5
      Zuletzt geändert von MalteJ; 20.05.2010, 14:33.
      http://malte.aero

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      • EuroAPR
        Registrierter Benutzer
        • 01.06.2007
        • 137
        • Guido Reusch
        • Bad Grönenbach

        AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

        Hallo Malte,

        vielen Dank für Deine klärenden Beschreibungen. So werden zum einen die rechnerischen Verhältnisse wieder ins rechte Licht gerückt und zum anderen erklärt warum die EAPR und der DHV mit der PMA an einem neuen Testverfahren zur Musterprüfung von Rettungsgeräten arbeiten.

        Die Prüfstellen haben alle streng nach den Vorschriften der EN bzw. LTF und deren beschriebenen Testverfahren gearbeitet und die dabei ermittelten Werte als Grundlage der Musterprüfung angesetzt.
        Nur sind leider die einzelnen Testverfahren weder untereinander vergleichbar, noch bilden sie ausreichend die Praxis ab.

        Eine Widerstandsmessung hinter einem Fahrzeug ist genauso verfälschend wie die Ermittlung der effektiven Sinkgeschwindigkeit beim Abwurf mit einem Dummy ohne Gleitschirm. Hierbei gibt es weder einen Schuldigen noch eine Schuld. Als nur ein Testverfahren angewandt wurde konnten keine Zweifel durch fehlende Vergleichbarkeit zu Tage treten – bei 3 Prüfstellen und 3 unterschiedlichen Verfahren sieht das nun schon anders aus. Und dabei kann nicht gewertet werden zwischen gut und schlecht, denn jedes bildet einen anderen Bereich ab.

        Dazu kommt, dass der „Leicht Effekt“ eine zusätzliche Rolle spielt, in dem die Piloten die Gewichtsgrenzen ausreizen und auch mal drüber gehen (Wird schon nicht so schlimm sein?!)
        Denn wenn ich 10% überlade dann habe ich nicht auch 10% mehr sinken, denn das ist kein lineares Verhältnis. Und wenn ich meinen Retter bereits 3 mal bei einem Sicherheitstraining „gewässert“ habe, verändere ich auch meine Sinkwert erheblich.

        Meine Forderung ist es, für die Sicherheitstrainings spezielle Retter einzusetzen (etwas größer oder sogar viel größer als notwenig) und den eigenen lieber für einen wirklichen Notfall zu „schonen“!
        Die verwendeten Materialen eines Retters unterliegen einem ganz normalen Alterungsprozeß der auch nicht wirklich zu verhindern ist, doch wird dieser um ein vielfaches beschleunigt je öfter ich den Retter benutze und wie ich grundsätzlich mit ihm umgehe. Wenn der Retter zum trocknen in die Sonnen gelegt wird, wie ich es bereits mehrfach bei Sicherheitstrainings gesehen habe, dann muss man sich nicht über veränderte Werte wundern, denn das ist nur eine natürliche Folge des falschen Umgangs mit dem Material.

        Ganz ehrlich - ich würde mich an keinen Retter mehr hängen der bereits 3 Wasserungen und 3 Trocknungen in der Sonne hinter sich hat –

        Es ist alles andere als einfach eine praxisnahe Messmethode zu entwickeln und alle die hier vorwurfsvoll den Prüfstellen gegenüber schreiben sollten sich vorher mit der Materie und seiner Problemstellung eingehender befassen, so wie es die Prüfstellen bereits seit geraumer Zeit tun.

        Wir werden hoffentlich im Juni beginnen können uns nach den theoretischen Überlegungen, die allesamt bereits sehr gut sind, diese in der Praxis zu testen. Denn genau darum geht es - Es muss in der Praxis funktionieren und es muss reproduzierbar sein.

        Ein wenig mehr Vertrauen in die Prüfstellen würde uns ganz gut tun, und ich spreche hier bewusst für alle, auch wenn wir zum Teil konkurrieren. Wir arbeiten nicht zum Selbstzweck, sondern um diesem Sport ein gewisses Maß an Sicherheit zu geben. Und wir beobachten uns gegenseitig sehr genau!

        Ich begrüße jede sachliche, marketingfreie Diskussion zum Thema Technik – Ich weiß, dass ich jeden Tag nur dazu lernen kann wenn ich gut aufpasse.

        Viele Grüße

        Guido Reusch



        wer Schreibfehler findet darf sie behalten!

        Kommentar

        • audacium
          Registrierter Benutzer
          • 27.11.2005
          • 285

          AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

          Hallo Guido,


          Malte hat (in sehr schöner Form) die schon öfter angebrachte Widerstandsformel mit mehr Hintergrundwissen versehen, aber eben keine andere Theorie vorgebracht. Wie Malte richtig schreibt, halten sich bei unseren Betrachtungen und Geschwindigkeitsunterschieden die Auswirkungen verschiedener Reynoldszahlen in Grenzen. Zutreffend (und auch schon vorher im Thread von anderen geschrieben) stellt er fest, daß verschiedene Formen verschiedene Cw-Werte haben werden. Wenn also jemand nicht einverstanden mit den sich aus der Formel ergebenden Sinkwerten ist, dann könnte er bspw. argumentieren, warum er / sie einen anderen Cw-Wert als gemeinhin üblich ansetzen würde. Wenn das nachvollziehbar ist, wäre das übrigens ein sehr einfacher und überzeugender Weg, bevor man eine Standardgleichung der Aerodynamik so mal schnell als nicht anwendbar hinstellt...

          Nichts von dem, was Malte schreibt, stellt die Richtigkeit der Formel in Frage, im Gegenteil, er will ihre "Anerkennung retten".

          Du aber hast gestern geschrieben, dass die Formel, die auch Malte letztendlich nur erläutert hat, "schlichtweg nicht ernstzunehmen" sei. Also bitte nicht ausweichen und herumsäuseln, was für schöne "klärenden Beschreibungen" Malte gemacht hat, sondern bitte antworten auf meine Frage.

          Was sind also die Variablen, die bisher nicht erwähnt wurden und welche die erwähnte Formel aus Deiner Sicht falsch machen? Da offensichtlich schon theoretische Überlegungen bei Euch vorhanden sind (Zitat "theoretischen Überlegungen, die allesamt bereits sehr gut sind"), sollte es für Dich ein leichtes sein, meine Frage zumindest kurz zu beantworten.

          Danke.

          Kommentar

          • audacium
            Registrierter Benutzer
            • 27.11.2005
            • 285

            AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

            @Malte:
            Du hat jetzt keinen "Referenz-Cw-Wert" für eine Rundkappen genannt bzw. eine Obergrenze, vielleicht kannst Du hier ergänzen, Malte. Wäre interessant, ob Deiner Meinung nach bspw. eine zur Anströmung hin offene Halbkugel eine Obergrenze darstellt für den maximalen Widerstandsbeiwert einer Rundkappe oder ob durch geschickte Bauweise dieser sogar übertroffen werden kann. Der Cw-Wert einer solchen Form wird meiner Erinnerung nach üblicherweise mit 1,3 oder 1,4 angegeben, wobei ich nicht weiß, auf welche Geschwindigkeit in Luft das bezogen ist. Ich weiß es nicht mehr sicher, aber bei unseren Sinkgeschwindigkeiten (5-7 m/s) und einer angenommen charakteristischen Länge von 5m (Durchmesser Rundkappe) sind wir mit der Reynoldszahl meiner Erinnerung nach im leicht turbulenten Bereich. Inwiefern ändert sich der Cw-Wert bei Änderung der Sinkgeschwindigkeit in unserem Rahmen? Ich denke vernachlässigbar. Kannst Du weiter erläutern / nachschauen? Danke.


            (Ehemaliger Student der Physik, Wahlfach Aerodynamik und Flugmechanik, TU-München )
            Zuletzt geändert von audacium; 20.05.2010, 17:45.

            Kommentar

            • Slipstream
              Registrierter Benutzer
              • 26.12.2008
              • 473
              • Sven

              AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

              Servus miteinander, hallo Guido,

              es geht nicht darum einen Schuldigen zu suchen...

              es geht ja hier auch nicht darum, ob man Prüfstellen misstrauisch gegenüber steht oder nicht. Aber es geht ums Retten mit eben diesen geprüften Rettungsschirmen, also nicht gerade eine Kleinigkeit wie ich finde und da kann man schon mal den ein oder anderen evtl. auch schrägen Tonfall nicht weitere Beachtung schenken. Gut.

              Es muss in der Praxis funktionieren und es muss reproduzierbar sein, genau das ist doch der Punkt von dem ich mir erhoffe dass die "wissenden Experten" das auch so umsetzen werden und alle Piloten einen verständlichen Zugang durch ehrliche Information dazu auch bekommen können.

              Das ferner auf Grund von Fakten und Erfahrungswerten keine Zweifel bestehen, wenn nach Einhaltung der üblichen Regeln wie etwa nicht nass werden lassen, nicht in der Sonne trocknen lassen, richtig packen et cetera ... die Möglichkeit besteht den Angaben auch zuverlässig Vertrauen zu können. Wenn ich mir ein Rettungsgerät kaufe auch drin ist was drauf steht, um es mal lapidar zu formulieren.

              Was mich etwas wundert ist, warum hier doch verhältnismäßig wenige Leute aktiv teilnehmen? Woran liegt das denn?

              Ich freue mich jedenfalls weiterlesen zu dürfen ...

              Viele Grüße,

              Sven.

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              • Shorty66
                Registrierter Benutzer
                • 01.02.2007
                • 297
                • Braunschweig

                AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                Mich würden hier im thread viel eher praxiserfahrungen interessieren:
                Wer hat schon einen Retterabgang mit welchem gerät (prüfnorm?) und welchen folgen hinter sich?
                Daraus lässt sich zwar noch nichts allgemeingültiges sagen aber ein Überblick wäre doch ganz nett.

                Kommentar

                • MalteJ
                  Registrierter Benutzer
                  • 17.02.2002
                  • 942
                  • Malte Janduda

                  AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                  Nur schnell, da gerade in Eile - ich hoffe, ich zieh jetzt nicht die falschen Daten heran *g*

                  Turbulenz
                  Wegen "leicht turbulentem Bereich":
                  Berechnung der Reynoldszahl mit


                  roh = 1,2kg*m^-3
                  v = 6,8m/s
                  d = 5m
                  eta = 18 µPa*s = 18*10^-6 Pa*s

                  ergibt
                  Re = 2.27*10^6

                  statt "leicht turbulent" würde ich eher sagen "sehr ordentlich turbulent"


                  cW Wert Halbkugel vs. Rundkappe
                  Der Unterschied im cW Wert von Halbkugel (1,3-1,4) und flache Scheibe (~1,1) liegt im Ablöseverhalten. Während bei einer Scheibe die Strömung direkt an der Kante ablöst, kann sie an einer Halbkugel noch für kurze Zeit der gekrümmten Wand folgen, bevor sie abreißt. Ähnlich wie beim Flügel wird die Luft an der gekrümmten Wand leicht beschleunigt, was einen Druckabfall zur Folge hat. Legt man diesen Druck auf die Fläche um, erhält man eine Kraft (Druck * Fläche). Die Vertikalkomponente dieser Kraft wird zur Widerstandskraft hinzugerechnet.
                  Dies wäre meiner Meinung nach auch der Ansatz für eine Geometrie mit einem höheren cW Wert.
                  Tendenziell hat eine Rundkappe mit Mittelleine, welche das Top einzieht, und somit einen kleineren Radius der Kappe erzeugt, einen schlechteren cW Wert. Die Luft kann einer konvexen Wand mit kleinem Radius nicht so weit folgen, wie einer mit großem Radius.
                  Auf der "Luv-Seite" haben wir bei der Halbkugel wie bei der Platte übrigens mehr oder weniger Staudruck (cp=1) anliegen.
                  Dies wird entscheidend, wenn man ein Loch in die Mitte der Rundkappe schneidet, um ihn zu stabilisieren - oder weil man sich denkt, ich bin so klug, ich mach in die Mitte ein Loch, dann kann die Luft auch in der Mitte an der konvexen Wand entlang strömen und so Auftrieb erzeugen.
                  Das Problem ist, dass durch dieses Loch ein Luftstrom erzeugt wird, welcher den Druck unter der Rundkappe reduziert (man hat hier ja jetzt keinen kompletten Staudruck (cp=1) mehr - den hat man nur, wenn die Luft steht, also v=0).

                  Hinzu kommt durch (auch nur leichte) Pendelbewegungen ein unstetiges Strömungsbild. Die projizierte Fläche ändert sich beim Pendeln zwar auch, aber ich denke, diesen Faktor kann man, zumindest bei mäßigem Pendeln, vernachlässigen. Letztendlich muss der cW Wert zeitlich gemittelt werden.

                  cW = 1.3 für eine Rundkappe halte ich demnach für unrealistisch.
                  Ich denke mit einer Annährung ausgehend von einer ebenen Platte abzüglich Maßnahmen zur Pendelstabilität (Löcher, Schlitze und Luftdurchlässigkeit) fährt man gut.

                  cW = 0.9 halte ich da schon für durchaus realistisch - A ist hier die projizierte Fläche - bei ausgelegter Fläche ist der cW Wert entsprechend kleiner.


                  Gruß,
                  Malte

                  EDIT: cW = 0.9 proj. ist doch etwas wenig - siehe Beitrag #164
                  Zuletzt geändert von MalteJ; 20.05.2010, 20:22. Grund: Re-Formel eingefügt
                  http://malte.aero

                  Kommentar

                  • audacium
                    Registrierter Benutzer
                    • 27.11.2005
                    • 285

                    AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                    Danke Malte.

                    Ok, ich meinte mich zu erinnern, daß die kritische Grenze bei Re = 2*10^6 liegt und wir daher noch nicht im voll turbulenten Bereich sind, dann lag ich da nicht ganz richtig. Inwiefern sich der Cw-Wert dann verändert, wissen wir nicht, kann mich aber an Kurven erinnern zum Cw-Wert Verlauf, welche im Bereich turbulenter Strömung ziemlich flach verliefen in Abh. der Re-Zahl. Soll heißen, einmal im turbulenten Bereich ändert sich der Cw-Wert kaum bei Änderung der Sinkgeschwindigkeit (in unserer Größenordnung für unsere Rettungen).

                    Bei Cw = 1,3 bezog ich mich auf die projizierte Fläche. Ich hätte auch aus dem Bauch heraus gesagt, daß der Cw-Wert einer offenen Halbkugel eine obere Schranke darstellt, aber Cw = 0,9 (proj.) ist hoffentlich von Dir zu niedrig gesetzt. Dann müßten sich ja experimentell noch größere Sinkwerte ergeben als sich momentan aus LTF-Tests ergibt!

                    In der wissenschaftlichen Literatur wird für klassische Rundkappen meiner Erinnerung nach von Werten zwischen Cw = 0,7 und Cw = 0,8 gesprochen bei ausgelegter Fläche, sowohl bei simulierten wie experimentellen Werten.

                    Mit einer angenommen "Flächeneffizienz" von 60% (wie Hannes das benannt hat) zw. proj. und ausgelegter Fläche käme man bei Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,54 (ausgelegt.), was mir schon arg niedrig erscheint, im Vergleich zu experimentellen Werten. Oder anders ausgedrückt, man bräuchte eine Flächeneffizienz von 80%, um von Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,72 (ausgel.), und diese Flächeneffizienz scheint mir wieder hoch. Aber ich habe keine CAD-Programm hier, um das mal zu überprüfen .

                    Fragen über Fragen...

                    Kommentar

                    • tjackermann
                      Registrierter Benutzer
                      • 04.07.2005
                      • 725
                      • Thomas Jörg Ackermann
                      • München

                      AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                      Zitat von audacium
                      Danke Malte.

                      Ok, ich meinte mich zu erinnern, daß die kritische Grenze bei Re = 2*10^6 liegt und wir daher noch nicht im voll turbulenten Bereich sind, dann lag ich da nicht ganz richtig. Inwiefern sich der Cw-Wert dann verändert, wissen wir nicht, kann mich aber an Kurven erinnern zum Cw-Wert Verlauf, welche im Bereich turbulenter Strömung ziemlich flach verliefen in Abh. der Re-Zahl. Soll heißen, einmal im turbulenten Bereich ändert sich der Cw-Wert kaum bei Änderung der Sinkgeschwindigkeit (in unserer Größenordnung für unsere Rettungen).

                      Bei Cw = 1,3 bezog ich mich auf die projizierte Fläche. Ich hätte auch aus dem Bauch heraus gesagt, daß der Cw-Wert einer offenen Halbkugel eine obere Schranke darstellt, aber Cw = 0,9 (proj.) ist hoffentlich von Dir zu niedrig gesetzt. Dann müßten sich ja experimentell noch größere Sinkwerte ergeben als sich momentan aus LTF-Tests ergibt!

                      In der wissenschaftlichen Literatur wird für klassische Rundkappen meiner Erinnerung nach von Werten zwischen Cw = 0,7 und Cw = 0,8 gesprochen bei ausgelegter Fläche, sowohl bei simulierten wie experimentellen Werten.

                      Mit einer angenommen "Flächeneffizienz" von 60% (wie Hannes das benannt hat) zw. proj. und ausgelegter Fläche käme man bei Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,54 (ausgelegt.), was mir schon arg niedrig erscheint, im Vergleich zu experimentellen Werten. Oder anders ausgedrückt, man bräuchte eine Flächeneffizienz von 80%, um von Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,72 (ausgel.), und diese Flächeneffizienz scheint mir wieder hoch. Aber ich habe keine CAD-Programm hier, um das mal zu überprüfen .

                      Fragen über Fragen...
                      Ich meinte mich zur erinnern ab Re > 2300 geht es von laminar in turbulent,wichtig zum Auslegen zum Reinigungen von Rohrleitungen z.B. Strömungsmechanik TUM Freising?
                      turbulent bremst vermutlich mehr als laminar? Gab es nicht auch noch ne Prandtl Grenzschicht
                      Aber ich finde wir übertreibens jetzt ein bißchen. Den alle Retter liegen wohl im ähnlichen Reynoldsbereich


                      Ich finde Schortys Frage am Entscheidensden, Statistik über Verletzet bei Retterabgängen durch zu Harten Aufschlag
                      Ich hab bis jetzt dies selten /nie) in Karls Bericht gelesen. Meistens nur - ging nicht mehr auf oder keine Reaktion
                      Danke Guido für den Hinweis, ich hab bis jetzt GSD 20 Jahre keinen Retter geworfen und will hoffen das ichs immer so wieder hinkriege und das so bleibt.

                      T

                      Kommentar

                      • MalteJ
                        Registrierter Benutzer
                        • 17.02.2002
                        • 942
                        • Malte Janduda

                        AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                        Zitat von audacium
                        Mit einer angenommen "Flächeneffizienz" von 60% (wie Hannes das benannt hat) zw. proj. und ausgelegter Fläche käme man bei Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,54 (ausgelegt.), was mir schon arg niedrig erscheint, im Vergleich zu experimentellen Werten. Oder anders ausgedrückt, man bräuchte eine Flächeneffizienz von 80%, um von Cw = 0,9 (proj.) auf Cw = 0,72 (ausgel.), und diese Flächeneffizienz scheint mir wieder hoch. Aber ich habe keine CAD-Programm hier, um das mal zu überprüfen .
                        Hmm, ich glaube du hast recht, meine Schätzung 0.9 projiziert ist wohl wirklich etwas wenig.
                        Wenn man die DHV Tests nachrechnet kommt man bei 38.5m^2 auf cW=1.1 ausgelegt (projiziert bei 60% Flächeneffizienz auf 1.83). Diese Werte sind, wenn man mit Messungen simpler Geometrien im Windkanal vergleicht, allerdings eindeutig zu hoch.

                        Wie bereits gesagt wurde, es mangelt am nachvollziehbaren Testverfahren, mit welchem sich die Sinkgeschwindigkeit bzw. die Widerstandskraft mit ausreichender Genauigkeit messen lässt.

                        Gruß,
                        Malte
                        http://malte.aero

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                        • Karl Slezak
                          Fachreferat Sicherheit
                          • 06.03.2002
                          • 341

                          AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                          @ all
                          Zitat tjackermann
                          Ich finde Schortys Frage am Entscheidensden, Statistik über Verletzet bei Retterabgängen durch zu Harten Aufschlag
                          Ich hab bis jetzt dies selten /nie) in Karls Bericht gelesen.
                          Im Jahresunfallbericht 2003 hab ich mal was geschrieben. Ich habe dabei die Retterlandungen angeschaut, die nicht in die Bäume gingen sondern auf den Boden.

                          Grüße

                          Karl

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                          • Gooseman
                            Registrierter Benutzer
                            • 24.06.2009
                            • 251

                            AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                            Hallo zusammen,

                            mal ganz ne andere Rechnung:
                            ausgelegte Fläche 28.2 m2
                            Anhängelast 105 kg
                            Sinken 8.0m/s

                            gäbe einen cw-Wert von 0.9.. Was nach Aussagen der Experten hier realistisch fuer eine Rundkappe ist.

                            Der Retter hätte bei 8m/s keine Zulassung..

                            ....

                            ist aber auch keiner sondern mein Hauptschirm im B-Stall ! Auch hier: gemessene Sinkwerte.. sind auch mal 7.5m/s, aber nie über 8.

                            Die projizierte Fläche ist 24.5m2, beim B-Stall sicher weniger.. sagen wir mal 22 m2. Das gibt schon einen cw-Wert von 1.1.

                            Ich behaupte, dass eine Rundkappe besser funktioniert, als ein B-gestallter Schirm..
                            Meinungen hierzu?

                            Gruss,
                            Achim
                            Zuletzt geändert von Gooseman; 21.05.2010, 08:04. Grund: Schreiben sollte man koennen..

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                            • Mops

                              AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                              Zitat von Slipstream
                              Was mich etwas wundert ist, warum hier doch verhältnismäßig wenige Leute aktiv teilnehmen? Woran liegt das denn?
                              hoffentlich daran:


                              Zumindest bei mir. Und aktiv am Thema bin ich dennoch - nur nicht schreibend

                              Gruß
                              Olli
                              Zuletzt geändert von Gast; 21.05.2010, 07:48.

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                              • El Zorro
                                Registrierter Benutzer
                                • 28.12.2001
                                • 3339
                                • Nähe Freiburg ( D )

                                AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                                Zitat von Gooseman
                                Hallo zusammen,

                                mal ganz ne andere Rechnung:
                                projizierte Fläche 28.2 m2
                                Wie hast Du die projizierte Fläche im B-Stall ermittelt?
                                Könnte auch sein, dass die Herstellerangaben von p.Fläche auch nicht ganz stimmen...

                                Gruß
                                Bernd
                                Zuletzt geändert von El Zorro; 21.05.2010, 08:05.

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