Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

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  • Hannes Papesh
    Registrierter Benutzer
    • 29.10.2001
    • 885
    • Hannes Papesh
    • Absam

    AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

    Guten Morgen!

    In Frankreich ist meines Wissens nach, ein System bei Tandems sehr verbreitet (wenn nicht sogar verpflichtend einzusetzen), das den Hauptschirm nach der Retter-Auslösung in einen B-Stall zwingt. Gerade bei Doppelsitzern ist der Zug an der B-Leine sehr hoch. Meiner Erfahrung nach empfiehlt es sich deshalb bei Einsitzern eher, eine Frontrosette zu provozieren, in dem man die mittleren A-Leinen zieht. Die hinteren Tragegurte zu ziehen (Sackflug) ist gerade bei low-level Geräten nicht dauerhaft stabil: das Gerät will immer wieder anfangen zu fliegen. Wichtig wäre, den Hauptschirm in einen stabilen Sackflug-Zustand zu bringen. Damit wird eine Scherstellung weitgehend vermieden, solange der Retter selbst nicht allzu gerne "fliegen" möchte. Bitte beim nächsten Sichheitstraining mal selber ausprobieren.

    Meines Wissens gibt es ein neues, in das Gurtzeug integriertes Cut Away System für Acro Piloten (Raul Rodriguez hat uns das das letzte mal beschrieben). Allerdings ist das Imho für Normalpiloten schon ziemlich ein "overkill" und relativ teuer.

    Ich hoffe sehr, dass die Lösungsfindung für ein neues Retter-Test-Szenario auf möglichst breiter Basis stattfindet (also unter Mitarbeit jeder Prüfstelle). Wir werden das Thema morgen mal kurz ansprechen (wir treffen uns alle in Villeneuve: EN AG Meeting zur EN Revision und EN / LTF Angleichung).

    Ich bin, wie Ihr wisst, neu in dieser Materie (wir bauen keine Retter) und sozusagen "Quereinsteiger". Ich werde mal weiter rechnen und Praxistests anregen, die versuchen zu ergründen, ob das Phänomen dieser Instabilitäten der sehr "flugwilligen" Rundkappen, neu ist oder schon immer bestanden hat. Möglicherweise ist diese Tendenz zum seitlichen Abdriften ("Fliegen") erst mit neueren, eher flachen Kappen aufgetreten, um mit möglichst wenig Tuchverbrauch (= Gewicht) eine möglichst geringe durchschnittliche (!) Sinkgeschwindigkeit zu ermöglichen (und damit den Test zu bestehen).

    Die Idee, die maximal gemessene Sinkgeschwindigkeit in den Zulassungstests heran zu ziehen, wäre schon mal ein guter Ansatz (Danke, Sebastian).

    Servus!

    Hannes
    Zuletzt geändert von Hannes Papesh; 27.05.2010, 07:06.
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    • EuroAPR
      Registrierter Benutzer
      • 01.06.2007
      • 137
      • Guido Reusch
      • Bad Grönenbach

      AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

      Servus,

      wie ich bereits angedeutet habe werde ich nun wieder mehr Zeit der praktischen Erprobung widmen. Karl hat ja bereits anklingen lassen das wir einen Termin haben um gemeinsam zu testen.

      Die hier klar gewordenen Schwierigkeiten liegen in unterschiedlichen Verfahren, die evtuell die Praxis nur unzureichend abbilden. In allen Fällen wird der Gleitschirm als Komponente außen vor gelassen, was in der Praxis mehrheitlich nicht der Fall sein dürfte.

      Das Problem ist es nicht in einem Test den Gleitschirm einfach dranzulassen, sondern die Reproduzierbarkeit des Tests an sich.

      Wir haben deshalb 4 exakt gleiche Gleitschirme bauen lassen (no name), die mit einer kleinen Vorrichtung zum herunterziehen einzelner Leinen oder Leinengruppen ausgestattet werden können. Die Testpiloten werden nun die Rettung auslösen und dann versuchen den Gleitschirm, wie auch von Hannes vorgeschlagen, in einen möglichst stabilen, in einen stabilen, flugunfähigen Zustand zu bringen.
      Die Sinkgeschwindigkeitsmessungen werden dabei sowohl über ein wasserdichtes Vario mit hoher Frequenz (Mein Dank gilt der Firma FlyTec für die Unterstützung mit Protos!) als auch mit der 30 Meter Leine und Video erfolgen.
      Die Versuche beziehen sich einstweilen nur auf Rundkappen.

      Wir hoffen somit ausreichend Material zur Definition eines neuen Verfahrens erhalten zu können.

      @Hannes, Sebastian - Der Bezug auf einen Maximalwert der Sinkgeschwindigkeit ist nicht durch LTF noch EN abgedeckt und würde die Messmethode der 30-Meter-Leine sofort ausschließen. Ich halte es aus meteorologischen Gesichtspunkten für nahezu ausgeschlossen dann noch einen Tag zum Testen zu finden! Wir sollten aber, wie bei den Protektortest auch, die Eckdaten der Messung festschreiben und die Auswertung spezifizieren.

      Viele Grüße

      Guido Reusch

      Kommentar

      • EuroAPR
        Registrierter Benutzer
        • 01.06.2007
        • 137
        • Guido Reusch
        • Bad Grönenbach

        AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

        Zitat von Seba

        @Hannes: Deine Aussage "Es erscheint mir als unverzichtbar, eine eben solche dämpfende Komponente auch in den Zulassungstests einzuführen, um eine sinnvolle Messung erst möglich zu machen." am Ende Deines Posts ist besonders zu unterstützen. Wäre sehr gut, wenn ein sehr praxisnahes, neues Prüfverfahren gefunden wird. Was hältst Du z.B. von einer Variomessung mit kurzen Messintervallen (z.B. 0,1s) über eine längere Strecke (z.B. min 100m), Retter zusammen mit einem Referenz-Hauptschirm, vielleicht mit einfach durchführbaren und fest definierten Standard-Piloteneingriff und dem Kriterium: Kein Messwert über 6,8m/s?

        Grüße, Sebastian
        Wir Messen mit einer Auflösung von 15Hz (15 Messungen pro Sekunde). Bei einer Sinkgeschwindigkeit von 6,8 m/sek wird dem zufolge alle 45cm eine Messung des Luftdruckes vorgenommen.
        Ohne auf die barometrische Höhenformel eingehen zu wollen, kann man sagen, das sich der Luftdruck mit Zunahme/Abnahme der Höhe in den unteren Luftschichten um 1 mbar alle 8m verändert. Somit müssen die Varios Unterschiede von 0,06 mbar erkennen. Alleine die Tatsache, dass alle Retter beim Test mehr oder weniger Pendeln, Schwingen, Gleiten bringt da schon enorme Probleme der Auswertung.
        Um eine wie auch immer geartete Integration kommt das System nicht umhin.
        Ich stimme jedoch zu, das wir die Amplitude begrenzen sollten, was durch einen Test mit Gleitschirm, wie bereits beschrieben, ohnehin erfolgen wird.

        Guido Reusch

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        • El Zorro
          Registrierter Benutzer
          • 28.12.2001
          • 3339
          • Nähe Freiburg ( D )

          AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

          Wie schaut's mit dem Videomaterial von den Problemzonen eines Rogallo aus? Du kannst es mir auch gern schicken, ich werde einen Weg finden es allen zugänglich zu machen.

          Schön, dass es hier auch wieder konstruktiver zugeht! THX.

          Gruß
          Bernd

          Kommentar

          • makro
            Registrierter Benutzer
            • 20.09.2004
            • 1125
            • Markus Kroiß
            • Samerberg

            AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

            Zitat von Hannes Papesh
            Möglicherweise ist diese Tendenz zum seitlichen Abdriften ("Fliegen") erst mit neueren, eher flachen Kappen aufgetreten, um mit möglichst wenig Tuchverbrauch (= Gewicht) eine möglichst geringe durchschnittliche (!) Sinkgeschwindigkeit zu ermöglichen (und damit den Test zu bestehen).
            Servus Hannes,

            Danke für Deine Müh, die Berechnungen bringen ja schon einiges Licht ins Dunkel.

            Einem Fallschirmspringerforum konnte ich bereits entnehmen, daß die Rundkappen mit durchlässigem Gewebe gebaut werden, weil sie sonst - wie Du so schön beschreibst - fliegen und es bei Massenabsprüngen zu Kollisionen kommen könnte. Das Problem ist, daß die Luft seitlich über den Rand entweichen muß.

            Aussagekräftige Tests werden hier schwierig werden, da das System - insbesondere in Kombination mit dem Hauptschirm (wenn er auch in manchen Fällen eine stabilisierende Wirkung haben soll) - sich ziemlich "chaotisch" verhält.
            Zitat von Hannes Papesh
            Die Idee, die maximal gemessene Sinkgeschwindigkeit in den Zulassungstests heran zu ziehen, wäre schon mal ein guter Ansatz (Danke, Sebastian).
            Seh das auch ganz klar so, daß man den schlechtesten Fall nehmen muß...

            Diese "Instabilität" deutet aber auch darauf hin, daß alle "Parteien" aus Ihrer Sicht recht haben können:
            Dani beobachtet im Sicherheitstraining gefährliches Verhalten der kleineren Rundkappen. (Die mit dichterem Gewebe gebaut sind)
            Die Prüfstellen messen geringere Sinkwerte als die mit der reinen Widerstandsformel berechneten. (Im Durchschnitt fliegen die kleinen Rundkappen halt doch ein wenig rum und erzeugen Auftrieb)

            Vorwurf kann man hier keinen machen .. der Markt verlangte und verlangt nach Leichtrettern und jeder vertritt seine Interessen. Ob nun der Rogallo das bessere System ist? Meiner Meinung nach schon, kommt aber immer darauf an was man vorhat und wie man sein Risiko bewertet. Urs berichtet davon, daß praktisch alle Acro-Piloten einen Rogallo benutzen. Aber für meine herbstlichen Walk&Fly Abgleiter kann ich durchaus, wenn ich dafür etwas Gewicht spare, auf etwas Sicherheit im eh schon unwahrscheinlichem Notfall verzichten - sozusagen den "Beinbruch" in Kauf nehmen.

            Gruß
            Markus

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            • piti
              Registrierter Benutzer
              • 04.06.2001
              • 2799
              • Peter Beusch
              • Flims,Spanien Alicante Calpe,Slovenien ..........

              AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

              Zitat von El Zorro
              Wie schaut's mit dem Videomaterial von den Problemzonen eines Rogallo aus? Du kannst es mir auch gern schicken, ich werde einen Weg finden es allen zugänglich zu machen.

              Schön, dass es hier auch wieder konstruktiver zugeht! THX.

              Gruß
              Bernd
              warte auch auf diese videos

              ihl piti
              www.flytours.ch

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              • El Zorro
                Registrierter Benutzer
                • 28.12.2001
                • 3339
                • Nähe Freiburg ( D )

                AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                Zur Statistik vom Karl und ihrer Aussagekraft möcht ich noch was sagen:

                Die Statistik zeigt deutlich: Ein geworfener Notschirm ist schonmal ein guter Notschirm.
                Und auch von Karl erwähnte 100% Überlebenswahrscheinlichkeit sind eine prima Sache! Wirklich!

                Nur: Wie signifikant ist die Statistik, was das Verletzungsrisiko beim Abgang mit der Standard-RK betrifft?

                Ich nehme mal einen beliebigen Wert an, nämlich dass 50 % der Retterabgänge in irgendwelchen Bäumen hängenbleiben. Glück für die Piloten, weil ihnen der Rumms auf den Boden erspart blieb. Für die Aussagekraft der Statistik bezüglich dem Verletzungsrisiko durch Pendeln und Sinken ist das jedoch m.E. ein echter "Knock-Out-Faktor".

                Karl, kannst Du die Statistik dahingehend mal beleuchten?
                Wieviele von den Retterabgängen blieben im Baum?

                Gruß
                Bernd
                Zuletzt geändert von El Zorro; 27.05.2010, 15:30. Grund: besser lesbar gemacht

                Kommentar

                • #herby#
                  Registrierter Benutzer
                  • 23.08.2004
                  • 1152
                  • Herbert
                  • München

                  AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                  Zitat von EuroAPR
                  @Hannes, Sebastian - Der Bezug auf einen Maximalwert der Sinkgeschwindigkeit ist nicht durch LTF noch EN abgedeckt und würde die Messmethode der 30-Meter-Leine sofort ausschließen. Ich halte es aus meteorologischen Gesichtspunkten für nahezu ausgeschlossen dann noch einen Tag zum Testen zu finden! Wir sollten aber, wie bei den Protektortest auch, die Eckdaten der Messung festschreiben und die Auswertung spezifizieren.
                  Irgendwie erzeugt das bei mir den Eindruck das du den Schwerpunkt mehr auf einen einfachen reproduzierbaren Test legst und weniger auf Praxisrelevants. Wenn ihr schon gemeinsam an einem neuen Test arbeitet, dann darf es nicht sein, das innovative Ideen durch bestehende EN oder LTF Dokumente ausgebremst werden.

                  Soviel ist wohl klar geworden. Die aktuell gemessenen Mittelwerte misst jede Prüfstelle anders und sind somit nicht vergleichbar. Einigen sich nun die Prüfstellen auf ein gemeinsames Verfahren um einen Mittelwert der gleichen Qualität zu messen, wäre das zwar ein Fortschritt, aber meiner Meinung nach viel zu wenig.

                  Denn soviel ist auch klar geworden. Die aktuell veröffentlichen Mittelwerte haben keine besonders hohe Praxisrelevants. Mich als Endkunde interessiert doch letztendlich mit welcher Wahrscheinlichkeit welche Sinkwerte erreicht werden. Bei der Komplexität lässt sich so etwas mit einer einzigen Zahl nicht mehr ausdrücken.

                  Sagen wir mal ich hätte die Wahl zwischen einem Retter
                  A Mittelwert 5,5m/s und einer Schwankungsbreite zwischen 4m/s bis 8m/s
                  oder einem Retter
                  B Mittelwert 6,2m/s und einer Schwankungsbreite zwischen 5,8m/s und 6,4m/s
                  dann nehme ich doch Retter B

                  Wenn ich das richtig verstanden habe gibt es hochauflösende Testvarios die solche Schwankungen bei der Sinkgeschwindigkeit aufzeichnen. Dann könnte man doch die Rettung schon in, sagen wir mal 500m Höhe auslösen und hätte dann ca. 80 bis 90 Sekunden zur Ermittlung des Mittelwertes sowie zur Aufzeichnung der Schwankungen.
                  Die Sache mit dem 30m Seil zur Ermittlung eines Mittelwertes halte ich bei all den komplexen Einflussfaktoren für schon sehr Mutig. Das entspricht doch einer Messzeit von nur ca. 5 Sekunden.



                  Da hätte ich auch noch eine Idee zur Messung der Öffnungszeit. Und zwar könnte man recht einfach mit 2 Sensoren die Zeit messen vom wegschleudern des Innnencontainers bis zum Zeitpunkt an dem 95% der Anhängelast von der Reserve getragen werden.

                  Dazu braucht man nur 2 Kontakte sowie einen Isolierstreifen dazwischen. Die Isolation wird durch den Innencontainer herausgezogen und die Zeit beginnt zu laufen.
                  Der zweite Sensor befindet sich am Tragegurt der Rettung und misst, ab wann sagen wir mal 95% der Last von der Rettung getragen werden. Ich halte das für eindeutiger als interpretaitonen von Videoaufnahmen.
                  Zuletzt geändert von #herby#; 27.05.2010, 15:31.
                  Viele Grüße
                  Herbert

                  Kommentar

                  • andsch
                    Registrierter Benutzer
                    • 20.11.2005
                    • 2136
                    • Andreas Schäfer
                    • Fulda

                    AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                    Zitat von Nic
                    Noch etwas zu der Diskussion bzw. zu Reserven allgemein:
                    Habe nicht alle Posts gelesen - denke aber an einen Test eines Cut-away-Systems vor über 10 Jahren, das aus der bei Fallschirmspringern üblichen Konfiguration für GS-Piloten weiterentwickelt wurde: Habe mich aus einem Tandem heraus - allerdings im Normalflug - abgetrennt. Die 7-Zeller Flächenreserve ging sehr schnell auf und ich konnte auch bei Nullwind stehend landen. Im Geradeausflug ca. 4 m/s SInken, in ruhiger Kurve 8 m/s - für eine Spirale hatte ich nicht mehr genug Höhe - laut Sepp Dopfer, der mich das System hat ausprobieren lassen, sind da sehr hohe Sinkwerte bei relativ geringer Belastung möglich.
                    Meinst du eventuell die? http://www.profly.org/deutsch/gurtze...taway_body.htm
                    http://awesomeparagliding.tumblr.com/

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                    • audacium
                      Registrierter Benutzer
                      • 27.11.2005
                      • 285

                      AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                      Zitat von #herby#


                      Sagen wir mal ich hätte die Wahl zwischen einem Retter
                      A Mittelwert 5,5m/s und einer Schwankungsbreite zwischen 4m/s bis 8m/s
                      oder einem Retter
                      B Mittelwert 6,2m/s und einer Schwankungsbreite zwischen 5,8m/s und 6,4m/s
                      dann nehme ich doch Retter B

                      Wenn ich das richtig verstanden habe gibt es hochauflösende Testvarios die solche Schwankungen bei der Sinkgeschwindigkeit aufzeichnen. Dann könnte man doch die Rettung schon in, sagen wir mal 500m Höhe auslösen und hätte dann ca. 80 bis 90 Sekunden zur Ermittlung des Mittelwertes sowie zur Aufzeichnung der Schwankungen.
                      Die Sache mit dem 30m Seil zur Ermittlung eines Mittelwertes halte ich bei all den komplexen Einflussfaktoren für schon sehr Mutig. Das entspricht doch einer Messzeit von nur ca. 5 Sekunden.

                      Sehr richtig, wenn man hier ein ehrliches Fehlerintervall errechnet, kommt man auf sehr große Schwankungsbreiten. Das war mE auch das große Problem in dem ansonsten sehr interessanten Schweizer Rettertest. Hier wurde eben nur einmal gemessen in einem vergleichsweise kurzen Meßzeitraum und dieser Wert dann eben von den meisten Lesern als der genaue Sinkwert der betreffenden Rettung angesehen wurde, obwohl hier ein großés statistisches Element dabei war.

                      Kommentar

                      • audacium
                        Registrierter Benutzer
                        • 27.11.2005
                        • 285

                        AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                        Zitat von MalteJ
                        Naja, er hat geschrieben, dass diese von uns bisher ausschließlich eingesetzt wurde. Dabei vernachlässigt wurde allerdings der Drift der Rundkappe, welche zusätzlichen Auftrieb erzeugt.
                        Ist halt die Frage inwieweit ein nicht abgetrennter Hauptschirm die Drift der Rundkappe beeinflusst und was dadurch hervorgerufen wird. Einen standardisierten Test hierfür kann ich mir derzeit allerdings nicht vorstellen. In der zivilen Luftfahrt würde man sich auf diese unbekannte Variable nicht einlassen.

                        Gruß,
                        Malte
                        Das ist richtig, ändert aber nichts daran, daß offensichtlich die bisherigen Meßmethoden zur Sinkgeschwindigkeit von diversen Kleinrettern und die theoretisch erreichbaren Sinkgeschwindigkeiten bei Annahme sinnvoller Cw-Werte nicht zusammenpassen.

                        Dass in der Realität der Hauptschirm helfen wird, ist sozusagen added value, aber nicht Teil unserer Diskussion. Sowohl der Schweizer Test als auch bspw. der Test mit Zugwagen vernachlässigt Effekte der Hauptkappe, was ich auch richtig finde. Ansonsten brauchen wir gar nimmer messen, die unwägbaren Einflüsse wären zu groß.

                        Die Aussagen gehen aber anscheinend allmählich in Richtung "schauen wir lieber einmal unsere Meßmethoden an, um zu schauen, was an denen möglicherweise nicht gut gelöst ist", was ja erfreulich ist.

                        Kommentar

                        • audacium
                          Registrierter Benutzer
                          • 27.11.2005
                          • 285

                          AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                          Zitat von Nic
                          Aus meiner Sicht schade dass die Cut-away nicht zugelassen ist - auch weil sie eine Sicherheit mehr bietet, und zwar den raschen und zugleich stabilen Höhenabbau ....
                          Nicolas
                          Ob es richtig ist, daß ein Cutaway nicht zugelassen ist, oder ob man das lieber der freien Entscheidung jedes Fliegers überlassen sollte, möchte ich hier nicht diskutieren.

                          Aus meiner Sicht gibt es aber (bekannte) gewichtige Argumente, die ein Cutaway bei Gleitschirmfliegern wenig geeignet erscheinen lassen und warum sich das nicht durchgesetzt hat.

                          Zum einen sind die Auslösehöhen der Rettung beim Gleitschirmfliegen oft sehr niedrig. Das wichtigste in der Situation ist, den Fall zu stoppen, das macht man, in dem man "soviel Stoff" wie möglich rausbringt. Alles, was (auch nur kurzzeitig) die Sinkgeschwindigkeit erhöht, kann fatal sein. Beim Fallschirmspringen sind die sog. Entscheidungshöhen zum Aktivieren der Reserve viel höher und vorgegeben (meistens 500 m AGL).

                          Weiter siind Cutaway-Systeme zwar tatsächlich sehr zuverlässig, vor allem in der Springerei, aber auch diese können nur verzögert funktionieren oder ganz ausfallen. Ungute Sache in Bodennähe, da wird die Zeit schon sehr knapp, eine hoffentlich vorhandene zweite Rettung zu betätigen. Und die Abwägung, ob man schon zu tief unten ist, um den Cutaway zu aktivieren, ist mE zuviel für so ziemlich jeden Gleitschirmflieger, auch hier wieder, die Entscheidungshöhen beim Springen sind viel höher und gewährleisten die notwendige Zeit zum Reagieren.

                          Schlußendlich ist so eine Fallschirmkappe ein sehr anderes Gerät als ein Gleitschirm. Wie Du schon geschrieben hast, sind die Sinkraten viel höher, auch das Kurvensinken ist sehr hoch, wenn man einfach an der Steuerleine reißt. Ohne weiteres Training sollte man so etwas nicht fliegen, die Gefahr, bei Auslösung knapp über dem Boden eine Panikkurve zu fliegen und sich dann mit 10 m/s in den Boden zu schrauben wäre zu groß. Dann lieber eine Rundkappe. Und dieses Training mit so einer Fallschirmkappe scheint mir irreal für die meisten Gleitschirmflieger.

                          Daher: Ein Cutaway im Gleitschirmfliegen ist mE ein sehr spezielles System, was bspw. vor allem für Akroflieger geeignet ist, die ständig ihre Höhe im Auge haben und das oft genug trainieren.

                          Eine Rogallo weist diese Nachteile nicht auf, da sie eine geringere Sinkrate, geringere Vorwärtsfahrt und wesentlich weniger Kurvensinken aufweist.

                          Kommentar

                          • audacium
                            Registrierter Benutzer
                            • 27.11.2005
                            • 285

                            AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                            Zitat von Hannes Papesh
                            Es erscheint mir plausiblen, dass eine bei uns übliche Rundkappe gar nicht mal so schlecht fliegt: Hier die Kappe bei 40 Grad Anstellwinkel. Die Form könnte noch stabil sein (siehe Druckverteilung), ebenso könnte sich ein vorübergehend stabiler Zustand im Kräftegleichgewicht einstellen (Druckpunkt zwar nach "vorne" verlagert, dafür könnte das System aber auch etwas zurücknicken). Das Verhältnis Anstellwinkel / Gleitwinkel könnte passen (l/d ca 1). D.h. die Anströmung käme 45 Grad von schräg unten.
                            Das Sinken wäre hier nur mehr bei 4.2m/sec: bei 120 kg Last und einer proj Fläche von 21.26sqm (38.5sqm ausgelegt).
                            Womöglich stellt sich dieser Zustand nur vorübergehend ein (dynamisch). Die hier dargestellte Auftriebsspitze (ca 1.7) macht die Ausschläge in den Messungen aber plausibel.

                            In Summe bräuchte es ein sehr komplexes dynamisches Rechensystem, das es jedoch durch den Mangel (oder die Vielzahl) der möglichen "stabilen" Zustände sehr schwer haben wird, definitive Aussagen zu treffen (außer eben der, dass alles sehr instabil ist).
                            Das Ganze wäre mindestens eine Diplomarbeit...

                            Vorläufige Conclusio: wir müssen Praxistests mit Sinkgeschwindigkeits- und Vorwärtsfahrt-Messungen machen, um die mathematischen Modelle zu verifizieren. Ebenso erscheint mir die Ermittlung der Sinkgeschwindigkeit eines derart instabilen Systems durch die Mittelung über eine größere Zeitspanne (oder Höhe) als nicht befriedigend. Letztendlich ist das für den Piloten ein Lottospiel: kann sein, dass der Aufprall mit 8m/sec erfolgt, kann aber auch sein, dass es nur 4m/sec sind.
                            Danke, Hannes, das sind einmal sehr interessante Aussagen.

                            Allerdings sollte man sich doch darauf einigen können, daß eine Messung, bei der dauerhaft Cw-Werte von bspw. 1,7 unterstellt werden müssten, fragwürdig ist. Oder anders ausgedrückt, der über Widerstandsformel errechnete Wert (je nachdem, Cw oder Sinkgeschwindigkeit) stellt eine Art Mittelwert dar, um den dann Schwankungen auftreten können. Dabei würde ich erst einmal davon ausgehen, daß die Schwankungen symmetrisch nach oben und unten auftreten, also keine Schiefe in der Verteilung ist. Nicht wirklich sinnvoll wären dann eben Meßmethoden, die möglicherweise systematisch zu niedrige Sinkwerte ausweisen, oder bei denen der beste Werte aus einem großen Schwankungsintervall genommen wird. Woher also "zwischendurch gute" Werte kommen, bspw. aus einer deutlichen Gleitphase, ist erst einmal egal, wenn schon die grundsätzliche Rechnung ergibt, daß der gemessene Wert gar nicht den wahren Mittelwert repräsentieren kann.

                            Alleine schon aus den bisher bekannten Informationen über die Meßmethoden kann man sich eine Fehlerfortpflanzung errechnen, welche große Fehlerintervalle ergibt, wobei eben noch die große Frage ist, ob es sich um systematische Fehler oder einfach nur große Fehlerintervalle handelt.

                            Und mal so nebenbei, das von Dir angeführte Beispiel eines Retters mit 38,5 m^2 ausgelegt finde ich jetzt nicht wirklich die ärgste Problemzone, angesichts der berechtigten Eingangsfragen dieses Threads. Die großen Fragen tauchen mE auf bspw. bei. Rettern mit 24 m^2 ausgelegt / 13m^2 projiziert, oder 22m^2 ausgelegt mit angegebenem Sinken < 5,5 m/s bei 90 kg, welche eine EN-oder LTF-Zulassung haben, also so zertifziert sind! Auf Basis bekannter Aerodynamik ist das wohl höchst zweifelhaft!

                            Ich habe so etwas als Zweitretter zum Rogallo drinnen und war mir beim Kauf bewußt, dass ich so einen Kleinretter hoffentlich nie als einzigen Retter werfen muß, da ich ansonsten einschlage wie ein Meteorit (Abfluggewicht 100 kg). Es wurde mir übrigens auch beim Kauf "augenzwinkernd" signalisiert, daß die Zertifizierung solcher Retter Augenwischerei sei. Mir war das also bewußt, aber egal da Eigenverantwortung. Jetzt, wo es aber hier offen diskutiert wird, darf man ruhig den Finger in die Wunde legen und fragen, wie denn so gemessen wird usw.

                            Damit finde ich (ähnlich wie bei der Protektorendiskussion) die bisherige Prüfpraxis recht fragwürdig. Ich kann irgendwie nicht recht glauben, dass bei den Prüfstellen niemandem aufgefallen ist, dass da irgendetwas nicht zusammenpaßt, so rechnerisch und auf Basis sinnvoller Aerodynamik. Und wenn es nicht aufgefallen ist, dann wäre das noch weniger beruhigend. Falls diese Retter aber über irgendeine Wundertechnologie im Vergleich zu bekannten Rundkappen verfügen (welche alle deutlich größer sein müssen, um ähnliche Sinkwerte zu erreichen), dann sollten die Prüfstellen oder Hersteller das bitte einmal ausführen und erklären...
                            Zuletzt geändert von audacium; 27.05.2010, 18:38.

                            Kommentar

                            • Nic
                              Registrierter Benutzer
                              • 28.05.2009
                              • 884
                              • Nicolas Behrens
                              • Ostallgäu

                              AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                              Zitat von audacium
                              Ob es richtig ist, daß ein Cutaway nicht zugelassen ist, oder ob man das lieber der freien Entscheidung jedes Fliegers überlassen sollte, möchte ich hier nicht diskutieren.

                              Aus meiner Sicht gibt es aber (bekannte) gewichtige Argumente, die ein Cutaway bei Gleitschirmfliegern wenig geeignet erscheinen lassen und warum sich das nicht durchgesetzt hat.

                              Zum einen sind die Auslösehöhen der Rettung beim Gleitschirmfliegen oft sehr niedrig. Das wichtigste in der Situation ist, den Fall zu stoppen, das macht man, in dem man "soviel Stoff" wie möglich rausbringt. Alles, was (auch nur kurzzeitig) die Sinkgeschwindigkeit erhöht, kann fatal sein. Beim Fallschirmspringen sind die sog. Entscheidungshöhen zum Aktivieren der Reserve viel höher und vorgegeben (meistens 500 m AGL).

                              Weiter siind Cutaway-Systeme zwar tatsächlich sehr zuverlässig, vor allem in der Springerei, aber auch diese können nur verzögert funktionieren oder ganz ausfallen. Ungute Sache in Bodennähe, da wird die Zeit schon sehr knapp, eine hoffentlich vorhandene zweite Rettung zu betätigen. Und die Abwägung, ob man schon zu tief unten ist, um den Cutaway zu aktivieren, ist mE zuviel für so ziemlich jeden Gleitschirmflieger, auch hier wieder, die Entscheidungshöhen beim Springen sind viel höher und gewährleisten die notwendige Zeit zum Reagieren.

                              Schlußendlich ist so eine Fallschirmkappe ein sehr anderes Gerät als ein Gleitschirm. Wie Du schon geschrieben hast, sind die Sinkraten viel höher, auch das Kurvensinken ist sehr hoch, wenn man einfach an der Steuerleine reißt. Ohne weiteres Training sollte man so etwas nicht fliegen, die Gefahr, bei Auslösung knapp über dem Boden eine Panikkurve zu fliegen und sich dann mit 10 m/s in den Boden zu schrauben wäre zu groß. Dann lieber eine Rundkappe. Und dieses Training mit so einer Fallschirmkappe scheint mir irreal für die meisten Gleitschirmflieger.

                              Daher: Ein Cutaway im Gleitschirmfliegen ist mE ein sehr spezielles System, was bspw. vor allem für Akroflieger geeignet ist, die ständig ihre Höhe im Auge haben und das oft genug trainieren.

                              Eine Rogallo weist diese Nachteile nicht auf, da sie eine geringere Sinkrate, geringere Vorwärtsfahrt und wesentlich weniger Kurvensinken aufweist.
                              Hallo Audacium,
                              Deine Argumente sind natürlich gerechtfertigt - eine Aulösung einer Cut-away in einer Höhe von ich sage mal unter 100m ist sicher kritisch zu sehen - auch wenn z.T. eine Öffnungshöhe von 15m angegeben wird/wurde.

                              Zwei große Vorteile hat die Cut-aWAY andererseits:
                              - Chance auch sehr starken Aufwinden zu entkommen (wie oben schon geschrieben)
                              - Bei einem Zusammenstoß in der Luft könnten sich die Piloten wohl sicherer voneinander trennen
                              Optimal wäre so gesehen die Verwendung von Cutaway und Rundkappe - aber das ist dann doch etwas viel Zeugs ...

                              an Andsch:
                              Dieses GZ als aktuelle Cutaway hat es damals noch nicht gegeben - ich habe damals eine Version vom Stefan Kurrle - zu der Zeit Fly Market - getestet. Danke für den Link - aber drei Reserven sind mir als Nicht-Akropilot doch der Sicherheit zu viel ....

                              Nicolas

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                              • Freddy
                                Registrierter Benutzer
                                • 18.06.2001
                                • 118
                                • MUC

                                AW: Die neuen Rettungsgeräte: Leicht und gut?

                                Zitat von audacium
                                Ich kann irgendwie nicht recht glauben, dass bei den Prüfstellen niemandem aufgefallen ist, dass da irgendetwas nicht zusammenpaßt, so rechnerisch und auf Basis sinnvoller Aerodynamik. Und wenn es nicht aufgefallen ist, dann wäre das noch weniger beruhigend. Falls diese Retter aber über irgendeine Wundertechnologie im Vergleich zu bekannten Rundkappen verfügen (welche alle deutlich größer sein müssen, um ähnliche Sinkwerte zu erreichen), dann sollten die Prüfstellen oder Hersteller das bitte einmal ausführen und erklären...
                                Komisch als wir noch eine Zulassungsstelle hatte war es scheinbar besser. Ich habe mal so die Leichtretterzulassungen überflogen und beim DHV zugelassenen schaut eher gut für uns aus.
                                Ich bin zwar kein grenzenloser Fan vom DHV aber diese Entwicklung habe ich mir in meinen Alpträumen vorgestellt.
                                Zulassungsunternehmen sind eher auf Wirschaftlichkeit aus und ohne Kunden kein Geschäft.
                                Hersteller können aufgrund dreier Zulassungsbetriebe enormen Druck aufbauen und eben bei so unklarer Sachlage mal großzügiger entscheiden.
                                Zuletzt geändert von Freddy; 28.05.2010, 01:22.

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