Technikfrage Tragegurte

[Osiris]

Hi,

eine Frage, die mich schon seit längerem beschäftigt:

Welchen Vorteil bringt es wenig Tragegurte einzusetzen?
Einige sehr moderne Konstruktionen wie beispielsweise Ozone XXLite, Advance Pi und diverse Speedflyer kommen mit 2 Trageurten pro Seite aus.

Logischerweise bringt dies Probleme mit der Steuerbarkeit mit sich (Anlenkung Speedsystem / B-Stall und Ohrenanlegen wird schwierig).

Auch habe ich Konstruktionen gesehen, bei denen die meisten Leinen einen eigenen Tragegurt besitzen wie beispielsweise U-Turn Blacklight.

Da frage ich mich: Warum hatte früher jede Leinenebene ihren eigenen Tragegurt, und warum ist das heute bei den genannten Fällen anders? Welche Vorteile bis auf einen marginalen Leistungszuwachs durch verringerten Tragegurtwiderstand soll das haben?

Greetz Osiris

[Hägo]

AW: Technikfrage Tragegurte

Servus,

ich würde sagen, je "weniger" Tragegurte desto übersichtlicher, leichter und einfacher in der Handhabung ist das Ganze.
Die äußeren A-Leinen auf einem separaten Tragegurt, machen das Einklappen der Ohren angenehmer, weil der
ganze Tragegurt besser zu greifen ist, als eine einzelne Leine.
Auf der anderen Seite erfordern Beschleunigerumlenkungen, B-Stall-Fähigkeit, Möglichkeit über die hinteren Tragegurte
zu steuern etc. eben oft doch wieder mehrfach unterteilte Tragegurte....

Hägo

[soundglider]

AW: Technikfrage Tragegurte

Interessante Frage!

Ich vermute, die Anzahl der Tragegurte bzw. die Anzahl der Verzweigungspunkte zwischen Karabiner und Kappe wirken sich doch recht stark auf die flugmechanischen Eigenschaften aus.
Vor allem bei stellenweiser Entlastung führt es zu komplett unterschiedlichem Verhalten, wenn du früher oder später verzweigte Leinenebenen verwendest, weil der Leinenplan entscheidet, wo die Last, die dann z.b. an der eingeklappten Stelle fehlt, hingeführt wird. Genauso stellen auch die Tragegurte einen Verzweigungspunkt des Kraftflusses zwischen Karabiner und Kappe dar. Also könnte ich mir vorstellen, dass die Anzahl/Verteilung hier genauso ausschlaggebend ist wie der Rest des Leinenplans.

Das Handling spielt sicher auch eine Rolle, aber ich denke, die ist eher untergeordnet.

[Willi Wombat]

AW: Technikfrage Tragegurte

Ich vermute, die Anzahl der Tragegurte bzw. die Anzahl der Verzweigungspunkte zwischen Karabiner und Kappe wirken sich doch recht stark auf die flugmechanischen Eigenschaften aus.
Vor allem bei stellenweiser Entlastung führt es zu komplett unterschiedlichem Verhalten, wenn du früher oder später verzweigte Leinenebenen verwendest, weil der Leinenplan entscheidet, wo die Last, die dann z.b. an der eingeklappten Stelle fehlt, hingeführt wird. Genauso stellen auch die Tragegurte einen Verzweigungspunkt des Kraftflusses zwischen Karabiner und Kappe dar. Also könnte ich mir vorstellen, dass die Anzahl/Verteilung hier genauso ausschlaggebend ist wie der Rest des Leinenplans.

Das mag in gewisser eingeschränkter Weise für relativ stumpfe Verzweigungen weiter oben gelten.
Am Tragegurt sehe ich nicht, wie die Kappe merken soll ob sie 1cm weiter links oder rechts auf den Fixpunkt Karabiner geführt wird.
Der Kraftfluss wird von der Kappe her gesehen nicht verzweigt.

Ein einfacher Tragegurt ist leicht, widerstandsarm und billig.
Ein komplizierter Tragegurt ermöglicht eine ausgefeilte Beschleunigerwirkung und komfortableres händische Eingreifen.

[JP Philippe]

AW: Technikfrage Tragegurte

Hallo,

Reibung!
Die Anzahl der Tragegurte ergibt sich auch dadurch, wievele mechanische Übersetzungen fürs Beschleunigen benötigt werden.
Diese unterschiedlichen Übersetzungen braucht man, um den Flügel sauber zu "kippen" ohne das Profil dabei zu verändern. Bei vielen Flügeln wird zusätzlich noch der Schränkungsverlauf in Schnellflug verändert.

Beispiel: Ich habe vier Ebenen, A,B,C,D und will A12 und A3 getrennt haben (Ohren anlegen). Wenn das jetzt unter Zug über die ganzen Umlenkungen bewegt werden muss, gibts nen Haufen Reibung und der Beschleuniger geht schwer. In diesem Falle bleiben die D stehen, die A wird über den Beschleuniger (Flaschenzug) runtergezogen und B und C untersetzt mitgezogen. Dann evtl noch der Aussenflügel..

Reduziert man die Anzahl der Gurte gehts leichter (weniger Reibung)! Die Übersetzungen werden heute auch oft anders realisiert als früher, also so Maillons die direkt auf Bändern laufen statt Flaschenzüge aus Bändern mit Ringen..
Beispiel: Der Aussenflügel der auf einem Band zwischen A und B läuft..
Die ganz einfachen Schirme brauchen nicht so viele Übersetzungen, die raffinierteren haben oft gleich mal weniger Leinenebenen.

-JP

[Osiris]

AW: Technikfrage Tragegurte

@JP: Sehr guter Einwand, wäre ich nicht drauf gekommen!

@Klanggleiter: So hatte ich mir das eigentlich auch vorgestellt...

@MAXL: Wenn das was dein Stammtischverstand dir sagt stimmt, dürfte es theoretisch gar keinen Unterschied machen, ob ich nun alle meine Stammleinen an einen Tragegurt hänge oder an 4 bzw. 5 richtig? (Unter der Voraussetzung wir wollen keinen B Stall und keine Öhrchen machen und der Tragegurt hält beliebig hohe Kräfte aus).

Ich hatte mir mal überlegt, ob die Neigung nach vorne oder hinten im Gurtzeug einen Unterschied über die Tragegurte erzeugen könnte, aber ich denke da nur ein Aufhängepunkt vorhanden ist auf den sowohl Stammleinen als auch Tragegurte zulaufen, dürfte das kaum einen Unterschied machen. Das ist vermutlich in etwa das was Willi Wombat meinte, auch wenn ich es nicht so ganz verstanden habe...

Greetz Osiris

[snowfly]

AW: Technikfrage Tragegurte

Die äußeren A-Leinen auf einem separaten Tragegurt, machen das Einklappen der Ohren angenehmer, weil der
ganze Tragegurt besser zu greifen ist, als eine einzelne Leine.

Darüber ärgere ich mich schon seit dieser, in meinen Augen Blödsinn, aufgekommen ist

Als mein Schirm noch einen A-Gurt hatte konnte ich die äusseren A-Leinen greifen, runterziehen und dadurch dass ein Ende der Leine am
Gurtschloss fest war auch grosse Ohren einziehen(Prinzip Flaschenzug).
Mit den geteilten A-Gurten bewegt sich auch der Gurt nach unten und man hat ohne Verrenkungen nur noch den halben Weg zur verfügung.

Ergebnis ist dass viele meinen sie machen Big Ears aber in Wirklichkeit fliegen sie dann nur mit eingeklappten Stabilos rum.

Hat vielleicht nicht direkt mit dem Thema zu tun aber musste ich mal loswerden.
Manche "Verbesserungen" werden einfach nur herbeigeredet obwohl es in wirklichkeit verschlechterungen mit mehr Aufwand sind

[Klaus]

AW: Technikfrage Tragegurte

@MAXL: Wenn das was dein Stammtischverstand dir sagt stimmt, dürfte es theoretisch gar keinen Unterschied machen, ob ich nun alle meine Stammleinen an einen Tragegurt hänge oder an 4 bzw. 5 richtig? (Unter der Voraussetzung wir wollen keinen B Stall und keine Öhrchen machen und der Tragegurt hält beliebig hohe Kräfte aus).

Jeder Schirm sollte eigentlich auch mit einem Tragegurt pro Seite fliegen.
Nur Starten wäre ziemlich gewöhnungsbedürftig

Grüße Klaus

p.s.: die Gleitschirme vor ca. 1990 hatten auch nur 2 Tragegurte, manche hatten Trimmer im hinteren Gurt (oder eine Sitzbrettsteuerung, bei der der hintere Gurt frei beweglich mit dem hinteren Sitzbrettende verbunden war), um so was Ähnliches wie eine Anstellwinkeländerung zu erzielen. Später kam den der B-Gurt dazu, damit endlich der B-Stall erfunden werden konnte