Vorab:
Dieser Aufruf richtet sich nicht gegen die Musterprüfung als solche. Er richtet sich gegen die Art, wie dieses Erfordernis in Deutschland gehandhabt wird.
Es ist ein Aufruf an den DHV, sich für eine sachgerechte Anpassung der deutschen Vorschriften einzusetzen. Der derzeitige Zustand ist nicht mehr haltbar und schadet dem Drachenflugsport in Deutschland massiv.
Der DHV ist unser Verband; er hat sich für unsere Interessen einzusetzen. Er hat darauf hinzuwirken, dass sachwidrige Vorschriften und Verwaltungspraktiken sinnvoll geändert werden.
Ich habe an diesem Aufruf kein unmittelbares persönliches Interesse. Ich fliege ein DHV-mustergeprüftes Gerät, mit dem ich zufrieden bin. Mir geht es um das Drachenfliegen insgesamt. Ich weiß, dass ich nicht der erste bin, der diese Forderung erhebt, aber ich möchte es noch einmal mit Nachdruck tun.
Es kann sein, dass im Folgenden Ungenauigkeiten an dem einen oder anderen Punkt sind. Für Korrekturen bin ich dankbar.
Zum Anlass:
Veranstalter der derzeitigen King Ludwig Open 2012 Internationale Deutsche Meisterschaft ist der DHV.
In der Ausschreibung heißt es unter "Voraussetzungen":
"Flugsportgerät mit in Deutschland gültiger Musterprüfung (z.B. Gütesiegel) und Stückprüfung"
Da in Deutschland keine anderen Musterprüfungen anerkannt werden, können im Ergebnis nur DHV-mustergeprüfte Drachen teilnehmen. HGMA-geprüfte Geräte sind ausgeschlossen.
Das führt zu offensichtlich grotesken und ungerechten Resultaten:
Auf der einen Seite darf Manfred Ruhmer teilnehmen, obwohl sein Gerät offensichtlich mit dem zugelassenen Laminar Z9 vom Segelschnitt her nichts mehr zu tun hat. Schaut Euch die Bilder hier an und vergleicht sie mit Bildern des zugelassenen Z9. Offenbar reicht es aus, wenn ein Hersteller auf einen Drachen die DHV-Plakette draufpappt, egal wie offensichtlich die Abweichungen vom mustergeprüften Gerät sind.
Auf der anderen Seite werden zwei Piloten mit WillsWing T2C-144 nicht zugelassen. Der T2C-144 ist HGMA-zertifiziert, einer der meistgeflogenen Turmlosen überhaupt. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass dieses Gerät lufttüchtig ist.
Nach den Regeln der FAI reichen neben der DHV-Musterprüfungen auch Zulassungen der HGMA und der BHPA aus. Mit diesen Regeln steht die Ausschreibung in Widerspruch. Ob es sich bei den King Ludwig Open um einen FAI-WEttbewerb handelt, weiß ich nicht; darum geht es mir aber auch nicht. Die FAI-Regeln sind ein Beleg von vielen, dass die Zulassungen nach HGMA und BHPA der DHV-Musterprüfung gleichwertig sind und zu lufttüchtigen Geräten führt. Christof Kratzner hat mehrfach hier und im DHV-Info erklärt, dass die Unterschiede zwischen DHV-, HGMA- und BHPA- eher gering sind und dass BHPA und HGMA ebenfalls zu sicheren Geräten führen.
Grund für die Ausschreibung ist offenbar, dass die deutschen Vorschriften eine Musterprüfung durch eine zugelassene Stelle verlangen. Zugelassen ist im Drachenbereich nur der DHV. Zwar werden Nachweise von Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten der EU, sowie den Staaten des europäischen Wirtschaftsraumes und der Türkei, werden anerkannt, wenn sie gleichwertig sind (NfL II 91/09, 1.1.11, siehe hier). Davon ist aber meines Wissens noch nie Gebrauch gemacht worden. Für die US-amerikanische HGMA-Zertifizierung gilt diese Möglichkeit von vornherein nicht.
An diese Rechtslage sieht sich der DHV gebunden. Sie führt aber dazu, dass Geräte, deren Lufttüchtigkeit geprüft und bestätigt ist, in Deutschland nicht zur Verfügung stehen. Die Hersteller scheuen den doppelten Aufwand, dessen Notwendigkeit sie (zu Recht, wie sich aus dem Obigen ergibt) nicht sehen. Im Ergebnis fliegen Piloten mit einem T2C-144 (um bei diesem Beispiel zu bleiben, es gibt viele andere) ohne jede Not in Deutschland illegal, mit immerhin denkbaren negativen Folgen für Versicherungsschutz etc.
Wie dieser völlig unbefriedigende Zustand im Ausland wahrgenommen wird, kann man zur Zeit eindrucksvoll im Ozreport sehen (hier, hier und hier).
Noch einmal: Die deutsche Position ist nicht mehr haltbar. Sie muss geändert werden. Dazu muss zuerst der DHV seine Position ändern. Das sollte aus meiner Sicht kein Problem sein: An einem Monopol der Drachen-Zulassung kann es wirtschaftlich kein Interesse geben; die Drachen-Prüfstelle ist schon lange nicht mehr kostendeckend.
Also: Bitte, liebe Verantwortliche, werdet im Interesse des Drachensports tätig. Wirkt gegenüber dem Bundesverkehrsministerium darauf hin, dass HGMA- und BHPA-Zulassungen im Inland als gleichwertig neben der DHV-Musterzulassung anerkannt werden.
Wer diese Position unterstützt, kann es hier zum Ausdruck bringen.
Grüße
Carsten Zülch, DHV-Mitglied
Edit 30.6.2012: Auf Anregung von FloriB hier ein paar (aus meiner Sicht) zentrale Beiträge dieses threads. Die VErfasser von Beiträgen, die hier nicht aufgeführt werden, mögen mir verzeihen - ein Werturteil ist mit meiner Auswahl nicht verbunden!
Stellungnahme von Dieter Münchmeyer zum Konflikt auf dem Wettbewerb und zur Diskussion im DHV-Vorstand
Stellungnahme von Manfred Ruhmer zum Konflikt auf dem Wettbewerb
Zweiter Beitrag von Dieter Müchmeyer zum Wettbewerb und zu den Regeln
Beitrag Rolf Sauer zur rechtlichen Situation in Deutschland
Meine Klarstellung des Anliegens (was soll erreicht werden)
Dieter zur Einlagerung mustergeprüfter Geräte
Bernhard Wienands Vergleich der Zertifizierungsstandards
Wills Wing Vergleich der Zertifizierungsstandards
BeKus Plädoyer für gänzliche Abschaffung der Musterprüfung
Beschlüsse des DHV: Anerkennung von Pitch- und Lastmessungen; Einlagerung kann durch Dokumentation ersetzt werden
Dieter zu weiteren praktischen Schritten
Dieser Aufruf richtet sich nicht gegen die Musterprüfung als solche. Er richtet sich gegen die Art, wie dieses Erfordernis in Deutschland gehandhabt wird.
Es ist ein Aufruf an den DHV, sich für eine sachgerechte Anpassung der deutschen Vorschriften einzusetzen. Der derzeitige Zustand ist nicht mehr haltbar und schadet dem Drachenflugsport in Deutschland massiv.
Der DHV ist unser Verband; er hat sich für unsere Interessen einzusetzen. Er hat darauf hinzuwirken, dass sachwidrige Vorschriften und Verwaltungspraktiken sinnvoll geändert werden.
Ich habe an diesem Aufruf kein unmittelbares persönliches Interesse. Ich fliege ein DHV-mustergeprüftes Gerät, mit dem ich zufrieden bin. Mir geht es um das Drachenfliegen insgesamt. Ich weiß, dass ich nicht der erste bin, der diese Forderung erhebt, aber ich möchte es noch einmal mit Nachdruck tun.
Es kann sein, dass im Folgenden Ungenauigkeiten an dem einen oder anderen Punkt sind. Für Korrekturen bin ich dankbar.
Zum Anlass:
Veranstalter der derzeitigen King Ludwig Open 2012 Internationale Deutsche Meisterschaft ist der DHV.
In der Ausschreibung heißt es unter "Voraussetzungen":
"Flugsportgerät mit in Deutschland gültiger Musterprüfung (z.B. Gütesiegel) und Stückprüfung"
Da in Deutschland keine anderen Musterprüfungen anerkannt werden, können im Ergebnis nur DHV-mustergeprüfte Drachen teilnehmen. HGMA-geprüfte Geräte sind ausgeschlossen.
Das führt zu offensichtlich grotesken und ungerechten Resultaten:
Auf der einen Seite darf Manfred Ruhmer teilnehmen, obwohl sein Gerät offensichtlich mit dem zugelassenen Laminar Z9 vom Segelschnitt her nichts mehr zu tun hat. Schaut Euch die Bilder hier an und vergleicht sie mit Bildern des zugelassenen Z9. Offenbar reicht es aus, wenn ein Hersteller auf einen Drachen die DHV-Plakette draufpappt, egal wie offensichtlich die Abweichungen vom mustergeprüften Gerät sind.
Auf der anderen Seite werden zwei Piloten mit WillsWing T2C-144 nicht zugelassen. Der T2C-144 ist HGMA-zertifiziert, einer der meistgeflogenen Turmlosen überhaupt. Es kann keinen Zweifel daran geben, dass dieses Gerät lufttüchtig ist.
Nach den Regeln der FAI reichen neben der DHV-Musterprüfungen auch Zulassungen der HGMA und der BHPA aus. Mit diesen Regeln steht die Ausschreibung in Widerspruch. Ob es sich bei den King Ludwig Open um einen FAI-WEttbewerb handelt, weiß ich nicht; darum geht es mir aber auch nicht. Die FAI-Regeln sind ein Beleg von vielen, dass die Zulassungen nach HGMA und BHPA der DHV-Musterprüfung gleichwertig sind und zu lufttüchtigen Geräten führt. Christof Kratzner hat mehrfach hier und im DHV-Info erklärt, dass die Unterschiede zwischen DHV-, HGMA- und BHPA- eher gering sind und dass BHPA und HGMA ebenfalls zu sicheren Geräten führen.
Grund für die Ausschreibung ist offenbar, dass die deutschen Vorschriften eine Musterprüfung durch eine zugelassene Stelle verlangen. Zugelassen ist im Drachenbereich nur der DHV. Zwar werden Nachweise von Zulassungsbehörden der Mitgliedstaaten der EU, sowie den Staaten des europäischen Wirtschaftsraumes und der Türkei, werden anerkannt, wenn sie gleichwertig sind (NfL II 91/09, 1.1.11, siehe hier). Davon ist aber meines Wissens noch nie Gebrauch gemacht worden. Für die US-amerikanische HGMA-Zertifizierung gilt diese Möglichkeit von vornherein nicht.
An diese Rechtslage sieht sich der DHV gebunden. Sie führt aber dazu, dass Geräte, deren Lufttüchtigkeit geprüft und bestätigt ist, in Deutschland nicht zur Verfügung stehen. Die Hersteller scheuen den doppelten Aufwand, dessen Notwendigkeit sie (zu Recht, wie sich aus dem Obigen ergibt) nicht sehen. Im Ergebnis fliegen Piloten mit einem T2C-144 (um bei diesem Beispiel zu bleiben, es gibt viele andere) ohne jede Not in Deutschland illegal, mit immerhin denkbaren negativen Folgen für Versicherungsschutz etc.
Wie dieser völlig unbefriedigende Zustand im Ausland wahrgenommen wird, kann man zur Zeit eindrucksvoll im Ozreport sehen (hier, hier und hier).
Noch einmal: Die deutsche Position ist nicht mehr haltbar. Sie muss geändert werden. Dazu muss zuerst der DHV seine Position ändern. Das sollte aus meiner Sicht kein Problem sein: An einem Monopol der Drachen-Zulassung kann es wirtschaftlich kein Interesse geben; die Drachen-Prüfstelle ist schon lange nicht mehr kostendeckend.
Also: Bitte, liebe Verantwortliche, werdet im Interesse des Drachensports tätig. Wirkt gegenüber dem Bundesverkehrsministerium darauf hin, dass HGMA- und BHPA-Zulassungen im Inland als gleichwertig neben der DHV-Musterzulassung anerkannt werden.
Wer diese Position unterstützt, kann es hier zum Ausdruck bringen.
Grüße
Carsten Zülch, DHV-Mitglied
Edit 30.6.2012: Auf Anregung von FloriB hier ein paar (aus meiner Sicht) zentrale Beiträge dieses threads. Die VErfasser von Beiträgen, die hier nicht aufgeführt werden, mögen mir verzeihen - ein Werturteil ist mit meiner Auswahl nicht verbunden!
Stellungnahme von Dieter Münchmeyer zum Konflikt auf dem Wettbewerb und zur Diskussion im DHV-Vorstand
Stellungnahme von Manfred Ruhmer zum Konflikt auf dem Wettbewerb
Zweiter Beitrag von Dieter Müchmeyer zum Wettbewerb und zu den Regeln
Beitrag Rolf Sauer zur rechtlichen Situation in Deutschland
Meine Klarstellung des Anliegens (was soll erreicht werden)
Dieter zur Einlagerung mustergeprüfter Geräte
Bernhard Wienands Vergleich der Zertifizierungsstandards
Wills Wing Vergleich der Zertifizierungsstandards
BeKus Plädoyer für gänzliche Abschaffung der Musterprüfung
Beschlüsse des DHV: Anerkennung von Pitch- und Lastmessungen; Einlagerung kann durch Dokumentation ersetzt werden
Dieter zu weiteren praktischen Schritten
Kommentar